Wie sieht es denn mit Transparenz und F e h l e r k u l t u r bei den Autoren, "Machern" und "Gesundheits"-Strategen der AOK ("Die Gesundheitskasse") s e l b s t, im Zusammenhang mit dem "Krankenhausreport 2014", herausgegeben vom Wissenschaftlichen Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) der AOK, eigentlich aus? Von einem "offenen" Glashaus, einer unabhängigen Meinungsbildung, einem „Brainstorming“, einer freien Fehler- und Diskussionskultur kann überhaupt keine Rede sein!
• "Krankenhausreport 2014" ist eine wohl tönende Worthülse - der Zeitpunkt der Drucklegung war noch im Jahr 2013. Eine Präsentation fand am 21. Januar 2014 statt, also b e v o r das titulierte Jahr ernsthaft beginnen konnte.
• Inhaltlich beziehen sich im "Krankenhausreport 2014" sehr viele Daten auf das Jahr 2011 und nicht mal auf das abgelaufene Jahr 2013.
• Konkret geht es um Kranke, um Patienten mit stationärer Behandlungs-, Betreuungs-, Versorgungs- und Interventionsbedürftigkeit in Deutschland.
• Für die Analyse zeichnet eine Krankenkasse der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verantwortlich, die nicht eine e i n z i g e Akutklinik betreibt.
• Die rein männliche Autorenschaft des "Krankenhausreport 2014" engagiert sich beruflich, wissenschaftlich und publizistisch eher unter V e r m e i d u n g jeglicher Tätigkeit im Bereich der gesamten klinischen Medizin.
• Gewissermaßen "weltfremd", fast bis zur Verleugnung jeglicher Begrifflichkeit von "Krankheitsentitäten" waren hier ausschließlich Experten
• des Wissenschaftlichen Instituts der Allgemeinen Ortskrankenkassen (WIdO) der AOK
• des Instituts für Gesundheitssystemforschung (Universität Witten/Herdecke)
• des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie (Universität Duisburg-Essen) publizistisch tätig:
• Jürgen Klauber, Prof. Dr. Max Geraedts, Jörg Friedrich, Prof. Dr. Jürgen Wasem in Klauber/Geraedts/Friedrich/Wasem (Hrsg.): Krankenhaus-Report 2014, Schwerpunktthema: Patientensicherheit; Schattauer-Verlag, Stuttgart 2014; broschiert; 54,95 €; ISBN 978-3-7945-2972-8).
Die Pressemitteilungen des AOK-Bundesverbandes und des WIdO vom 21. 01. 2014 in Berlin gerieten zum Desaster. Prof. Dr. Max Geraedts, Leiter des Instituts für Gesundheitssystemforschung an der Universität Witten/Herdecke und Mitherausgeber: „Wichtig, aber häufig vernachlässigt wird vor allem der Einfluss einer entsprechenden Fehlerkultur im Krankenhaus auf die Patientensicherheit. Die Mitarbeiter müssen noch stärker für das Thema sensibilisiert und die bereits eingeführten Fehlerberichtssysteme besser genutzt werden, um aus eigenen Fehlern und den Fehlern anderer Krankenhäuser zu lernen“.
http://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/2014/krankenhaus_report_2014_pressemappe_210114.pdf
Frei von jeglicher Fehlerkultur waren konkrete Erläuterungen. Prof. Geraedts sprach von: "Geschätzter Anteil und Anzahl Fälle mit patientensicherheitsrelevanten Ereignissen (PSRE) in Krankenhäusern Deutschlands (Bezugsjahr 2011) – Berechnung auf der Basis der Angaben des Sachverständigenrats-Gutachtens 2007". Auf der Basis von ‚Schätzungen‘, drei bzw. sieben Jahre alt, die rein zeitlich nicht miteinander korrelieren, wurde fiktiv auf ein Jahr 2014 hochgerechnet ("geschätzte Häufigkeit bezogen auf 18,8 Millionen Behandlungsfälle 2011"). Das darauf folgende ‚Statement‘ vom 21.1.2014 lautete: „Fehler kommen mit einer Häufigkeit von rund einem Prozent aller Krankenhausfälle vor und tödliche Fehler mit einer Häufigkeit von rund einem Promille. Ein Fall von 1.000 bedeutet auf dem heutigen Versorgungsniveau rund 19.000 Todesfälle in deutschen Krankenhäusern pro Jahr auf der Basis von Fehlern – das sind fünfmal so viele Todesfälle wie im Straßenverkehr.“
In diesem Statement fehlte übrigens das Bezugsjahr 2011. Zugleich ist es völlig unlogisch und u n w i s s e n s c h a f t l i c h, Tote und Sterben in Krankenhäusern mit Verkehrstoten vergleichen zu wollen. Unterschlagen wird, dass es sich bei Krankenhauspatienten i. d. R. um kritisch K r a n k e mit klinischen Befunden und Behandlungsnotwendigkeit handelt. Für „Gesundheitssystemforschung“ und „Gesundheitsökonomie“ eine interventionell eher ungeeignete Zielgruppe. Dies könnte sich jedoch in der Tat n a c h Entlassung aus der akut-klinischen Versorgung in Einzelfällen andern.
Aber auch nach einer lt. „Krankenhausreport 2014“ äußerst unwahrscheinlichen, völligen Genesung bleiben Ex-Klinikpatienten eine gegenüber gesunden Straßenverkehrs-Teilnehmern überalterte Klientel mit vitalen körperlichen, mentalen, kognitiven und perzeptiven Defiziten bzw. Risikofaktoren: Akut und/oder chronisch multimorbide Patienten mit erhöhter Dekompensations-, Sturz- und Mortalitätsgefahr. Palliativ, präfinal oder terminal Kranke werden mit hohem Mortalitätsrisiko stationär aufgenommen, deren Teilhabe am Straßenverkehr a priori ausgeschlossen ist.
Straßenverkehrsteilnehmer sind dagegen im Vollbesitz ihrer körperlichen und geistigen Kräfte unterwegs. Sie bewegen sich mit einem verschwindend geringen Prozentsatz auf Klinik- und Hospital-Parkplätzen, um eine minimale Schnittmenge nicht vorsätzlich außer Acht zu lassen. Die meisten Verkehrsunfälle mit möglicherweise tödlichem Ausgang ereignen sich nach kriminellem, vorsätzlichem, grob fahrlässigem oder nachlässigem Fehlverhalten bzw. nachweisbaren Regelverstößen. Schwerpunktmäßig bei jüngeren, männlichen, oft grundsätzlich mit höherem Risikoverhalten (u. a. Alkohol) agierenden Verkehrsteilnehmern.
Dank moderner, protektiver Fahrzeugtechnik und aktivem Insassenschutz, verbesserter Verkehrs-Infrastrukturen, intelligenter Notfall- und Rettungssysteme, kardiopulmonaler Reanimation (CPR) und einer hochentwickelten Traumatologie/Unfallchirurgie ist die Zahl der Verkehrstoten von jährlich 19.000 in 1970 auf etwa 4.000/Jahr (2011) zurückgegangen. Intelligente Rettungs-Verbundsysteme, Rund-um-die-Uhr-Bereitschaften, erfolgreiches Qualitäts- und Fehlermanagement, Notfall-Anästhesie und differenzierte interdisziplinäre Traumatologie haben die Zahl der Verkehrstoten im Jahr 2012 auf 3.600 reduzieren können. www.destatis.de berichtet: „Die Zahl der Getöteten im Straßenverkehr wird im Jahr 2013 einen weiteren Tiefstand erreichen. Nach Schätzungen, die auf vorliegenden Daten von Januar bis September 2013 basieren, dürfte die Zahl der Todesopfer voraussichtlich um etwa 10 % auf unter 3 300 sinken. Bei den Verletzten ist im Jahr 2013 eine Abnahme um annähernd 5 % auf 366 000 zu erwarten. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Wirtschaftsbereiche/TransportVerkehr/Verkehrsunfaelle/VerkehrsunfaelleAktuell.html
Und das möchten sich bitte allzu oft Medizin-bildungsferne „Wunderheiler“, „Heilpraktiker“, „Gesundbeter“, ebenso wie „Sozialversicherungsfachleute“, „Gesundheitskassen“, „Gesundheitswissenschaftler“, „-Systemforscher“ und „Gesundheitsökonomen“ hinter die Ohren schreiben: Die immer noch zu hohe Anzahl der Todesopfer im Straßenverkehr sind V e r k e h r s t o t e und keine „Verkehrt-Toten“! Sie erreichen die Unfall-Kliniken noch lebend und sterben dort t r o t z aller medizinischen, pflegerischen, intensivstationären Bemühungen bzw. Notfall-OPs Trauma-bedingt, und n i c h t, weil diejenigen, die im Krankenhaus um das Leben jedes Einzelnen gekämpft haben, ihre Patientinnen und Patienten verkehrt behandelt haben!
Das musste mal gesagt werden, auch wenn mich manche jetzt dafür hassen werden.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund
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