Zwangseinweisung
Anhörung auch bei ansteckenden Kranken Pflicht
KARLSRUHE. Vor einer Zwangseinweisung ins Krankenhaus müssen auch Menschen mit einer ansteckenden Krankheit grundsätzlich persönlich angehört werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn keine ausreichenden Möglichkeiten bestehen, den anhörenden Richter vor einer Ansteckung zu schützen, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied.
Schließt eine Infektionsgefahr die Anhörung aus, müsse dies durch ein ärztliches Gutachten belegt werden, so die Karlsruher Richter. Der Kläger hatte eine offene Lungentuberkulose. Das Amtsgericht Bochum hatte ihn zur Behandlung in ein Lungenfachkrankenhaus eingewiesen.
Das Landgericht Bochum bestätigte dies, begrenzte den Klinik-Zwangsaufenthalt aber auf zunächst drei Monate. Aus Sorge vor einer Ansteckung hörte der Richter den Kranken hierzu nicht persönlich an.
Doch auch eine schwere ansteckende Erkrankung ist noch nicht automatisch ein Grund, auf die persönliche Anhörung zu verzichten, stellte nun der BGH klar. Eine Anhörung sei jedenfalls auch dann Pflicht, "wenn ausreichende Möglichkeiten zum Schutz der Gesundheit der anhörenden Richter bestehen".
Bestehe eine Infektionsgefahr, die eine Anhörung ausschließt, müsse dies durch ein ärztliches Gutachten belegt werden. Daran fehle es hier.
Zudem sei der Kranke im diskutierten Fall in der ersten Instanz persönlich angehört worden, was nahelege, dass ein ausreichender Gesundheitsschutz für die anhörenden Personen gewährleistet werden konnte. (fl/mwo)
Bundesgerichtshof
Az.: V ZB 146/16