Neuer Katastrophenschutz für teure Medizin

Können sich alle Patienten künftig noch Innovationen leisten? Sind sie bei teuren Krankheiten geschützt? Abhilfe soll das Modell einer Innovationspolice mit Katastrophenschutz schaffen.

Von Bülent Erdogan Veröffentlicht:
Heikle Sache: Wie viel Innovation bezahlt künftig die GKV?

Heikle Sache: Wie viel Innovation bezahlt künftig die GKV?

© Foto: ratiopharm

BERLIN. Mit einer "Innovationspolice" will der Berliner Gesundheitsexperte Professor Bertram Häussler, Leiter des Berliner IGES-Instituts, einer drohenden Zweiklassenmedizin in der Arzneimitteltherapie begegnen. Sein Konzept will Häussler morgen in Berlin auf dem 6. Kongress seines Instituts zum Fortschritt im Gesundheitswesen von morgen vorstellen. Mehr als 250 Teilnehmer werden zum Kongress erwartet.

Versicherung funktioniert mit Kapitalbildung

Hintergrund der Police ist die gesetzlich geschaffene Möglichkeit für die GKV, ähnlich den Festbeträgen auch Erstattungshöchstbeträge für innovative Arzneimittel festzulegen. Zwar ist das bis heute noch nicht geschehen, doch ist dies nach Meinung Häusslers nur eine Frage der Zeit.

Die mögliche Folge: Patienten müssten die Differenz zwischen GKV-Höchstbetrag und dem Herstellerpreis aus eigener Tasche zahlen. Bei teuren Krankheiten wie Krebs könnten dies aber mehrere tausend Euro im Jahr sein. Patienten, die dieses Geld nicht aufbringen können, wären so in der Phase des Patentschutzes über Jahre vom Fortschritt abgeschnitten.

Im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung" erläutert Häussler vorab sein Konzept der Innovationspolice. Dieses sieht einen Mix aus Sparguthaben und Risikopolice vor. Beispiel: Ein 30 Jahre alter Mann spart monatlich 40 Euro an, der Betrag wird jährlich um zwei Prozent erhöht und mit vier Prozent verzinst. Mit 65 Jahren wird er beitragsfrei gestellt. "Das Geld steht schon während der Laufzeit zur Verfügung", sagt Häussler.

Teure Krankheiten werden extra abgesichert

Mit dem so angesparten Geld kann der Versicherte die Differenz zwischen dem Festbetrag bei Generika und einem gewünschten Medikament oder dem GKV-Erstattungshöchstbetrag bei innovativen Arzneien und dem Apothekenabgabepreis für die Arznei ausgleichen. Greift er nicht auf sein Guthaben zu, hätte er mit 75 Jahren 73 000 Euro angespart. Bis zu diesem Punkt handelt es sich um ein reines Sparmodell.

Zur Police wird das Konzept durch eine "Katastrophenkomponente". Dabei zahlt der Versicherte einen Teil der monatlichen Sparsumme in einen Pool ein, der für vorher definierte Krankheiten wie Krebs die Kostenübernahme für den Betrag zwischen GKV-Höchsterstattung und Apothekenabgabepreis garantiert. Das Guthaben wird nicht angetastet. "Derjenige, der auf Nummer sicher gehen will, wird diese Option wählen", glaubt Häussler. In dieser Variante betrüge das Sparguthaben des Versicherten mit 75 Jahren noch 49 000 Euro, rechnet Häussler vor.

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