Kommentar
Die KVen als der gefesselte Gulliver
Heute steht im Erweiterten Bewertungsausschuss eine Heilbehandlung der besonderen Art an: Die Honorarreform soll verarztet werden. Die regionalen KVen fordern wieder mehr Vertragskompetenzen ein, die man ihnen mit der Reform genommen hat. Das Debakel, das sich jetzt in vielen West-KVen abzeichnet, war vorhersehbar. Zu unterschiedlich waren Honorarniveau und -verteilung, als dass eine weitgehende Zentralisierung nicht hätte zu Kollateralschäden führen müssen.
Mindestens zwei Effekte sind die Konsequenz: Erstens geraten die Körperschaften - gerade in den am stärksten betroffenen KVen - in eine wachsende Legitimationskrise. Die vermeintliche Schutzinstanz KV verliert in den Augen vieler Betroffener ihre Existenzberechtigung, wenn Niedergelassene um ihre Praxis fürchten.
Zweitens beschleunigt die Verunsicherung die Flucht von Ärzten aus dem Kollektivvertrag - hin zu Einzelverträgen jenseits des KV-Systems. Das schwächt die Verhandlungsposition der KVen im Verhandlungspoker mit den Kassen. Bevor KVen endgültig zu Patienten werden, sollten sie wieder mehr regionale Verhandlungsmacht erhalten. Dann könnten sie - im Wettbewerb mit freien Verbänden - zeigen, ob sie langfristig eine Existenzberechtigung haben.