Ärzte für morgen - was muss anders werden?

Der Arztberuf steht vor neuen Herausforderungen: Ärztemangel, Ökonomisierung und Feminisierung sind die Stichworte. Jetzt gilt es, Konzepte zu finden, die die ambulante Versorgung flächendeckend sichern.

Von Sunna Gieseke Veröffentlicht:

Die niedergelassenen Ärzte stehen vor neuen Herausforderungen: Ihr Beruf befindet sich im Wandel - vor allem, da nicht mehr allein die Patientenversorgung im Vordergrund steht. Vielmehr wächst der ökonomische Druck in den Praxen der niedergelassenen Ärzte. "Die Nachfrage nach medizinischen Leistungen steigt stetig. Der Zugang wird jedoch nicht gesteuert, die finanziellen Mittel steigen nicht", sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler, beim zweiten Tag der Niedergelassenen der KBV - mit der "Ärzte Zeitung" als Medienpartner - in Berlin.

Um die Ausgaben im Gesundheitssystem sinnvoll zu steuern, bedürfe es neuer Konzepte, so Köhler. Brandenburgs Gesundheitsstaatssekretär Dr. Daniel Rühmkorf betonte, dass Arzneimittelregresse für Ärzte - spätestens, seitdem Krankenkassen Rabattverträge abschlössen und die Kosten intransparent seien - "kein geeignetes Mittel sind, die Ausgaben zu kontrollieren": Eine Positivliste könne Regresse überflüssig machen.

In Zeiten knapper Mittel müsse die Politik anfangen, sich mit der Frage nach Priorisierung von Leistungen zu beschäftigen, forderte Köhler: "Priorisierung ist nicht per se etwas Schlimmes. Sie vermeidet Rationierung." Um die ambulante flächendeckende Versorgung zu sichern, seien gute Ideen erforderlich. "Die neuen Versorgungsstrukturen, die etwa durch das Vertragsarztrechtsänderungs-Gesetz im Jahr 2007 geschaffen worden sind, werden bisher nur zögerlich genutzt", sagte die Vize-Chefin der Bundesärztekammer, Cornelia Goesmann.

In Zukunft werden diese an Bedeutung gewinnen - nicht allein durch die sogenannte Feminisierung des Arztberufs. "Inzwischen sind 60 Prozent der Medizinstudierenden Frauen", sagte Köhler. Dieser Entwicklung müsse man künftig stärker Rechnung tragen.

Bereits jetzt seien etwa 4000 Ärztinnen im niedergelassenen Bereich angestellt - 2008 waren es noch 1200. Die Arbeitsmöglichkeiten müssten flexibler werden, da gerade Frauen es vorzögen, angestellt zu arbeiten. Die niedergelassene Neurologin Dr. Annette Mainz-Perchalla ergänzte: "Viele Frauen müssen sich genau überlegen, ob sie tatsächlich nur einen halben Arztsitz nehmen, da man damit kaum über die Runden kommt."

Dem Ärztemangel jedoch könne man nur mit einer kleinteiligen Bedarfsplanung begegnen, die eine wohnortnahe - auch fachärztliche - Grundversorgung sichere. Eine solche Bedarfsplanung müssen die Sektoren ambulant und stationär überwinden, forderte Köhler. Er zerstreute die Hoffnung, dass diese bereits im nächsten Jahr umgesetzt werden könne.

Mit dem Bundesministerium für Gesundheit erarbeite man derzeit gemeinsam ein Konzept dafür. Doch bis die neue Bedarfsplanung stehe, würden noch drei bis vier Jahre vergehen.

Rühmkorf zeigte sich von dem Vorhaben wenig begeistert. Seine Befürchtung: "Das führt nur wieder dazu, dass sich Ärzte in überversorgten Gebieten niederlassen."

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