TV-Kritik

Viel Geschrei, wenig Aufklärung: Harte Zeiten für Gesundheitspolitik

Von Rebecca Beerheide Veröffentlicht:
Frank Plasberg, Moderator der ARD-Sendung "Hart aber Fair".

Frank Plasberg, Moderator der ARD-Sendung "Hart aber Fair".

© Sven Simon / imago

"Patient zahlt, Lobby strahlt" - mit diesem Reim lässt sich Quote machen und mit dem Nachsatz "Wer stoppt die Selbstbedienung bei der Gesundheit" erst recht.

Oder nicht? Diskussionen, die sich wie am 10. November in der ARD-Sendung "Hart aber fair" mit Gesundheitspolitik beschäftigen, lassen den Zuschauer leider schnell im November-Regen stehen.

Zu verwirrend war es, wie sich die Diskutanten Daniel Bahr, FDP-Staatssekretär im Gesundheitsministerium, SPD-Frau Andrea Nahles, Medizinjournalist Werner Bartens von der "Süddeutschen Zeitung" und Norbert Gerbsch vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie, die Begriffe zum aktuellen Arzneimittelgesetz an den Kopf warfen: "Nutzenbewertung", "Beweislastumkehr" "Gefahr für Patienten" - wer blickt noch durch?

Dazu kam noch ein Scharmützel, wer bereits den Inhalt einer Rechtsverordnung des Ministeriums zur Nutzenbewertung von Medikamenten kenne. Da das Papier am Nachmittag vor der Sendung vielen Medien vorlag, passte der Dialog in die Kategorie Kindergarten oder: "Ich weiß was, was du nicht weißt, aber verrate es niemandem." Jetzt den verunsicherten Zuschauern den Inhalt zu erklären - leider Fehlanzeige.

Entwurf zur Nutzenbewertung von Medikamenten

Ernsthafter wurde es erst bei der Frage, wer Maßstäbe für den langfristigen Nutzen eines Medikaments für Patienten setzen darf. Die Politik, weil es sich um eine ethische Frage handelt - so das Argument von FDP-Mann Bahr - oder ein unabhängiges Institut, weil Nutzen eine medizinische Frage ist, so Journalist Bartens.

Doch leider blieb es bei dieser kurzen, zumindest halbwegs transparenten Episode.

Denn plötzlich präsentierte ein ungewöhnlich aggressiver Moderator Frank Plasberg das Thema Kostenerstattung in der GKV. Dr. Arno Theilmeier, Vorstand der Kammer Nordrhein, wagte die These, dass er den erkauften Zugang zur Sprechstunde nicht für unrealistisch halte. Zu leicht ließ sich der Ärztevertreter aufs mediale Glatteis locken - Relativierungsversuche von Theilmeier stifteten nur noch mehr Verwirrung.

Seine Klage über das "Zwei-Klassen-Honorarsystem" ließ Moderator Plasberg Lunte riechen: Den Rest der Sendung brachten die Diskutanten unter seiner Leitung damit zu, über die angemessene Honorierung für Ärzte, falsche Bezahlungsanreize und über die von Bahr ins Spiel gebrachte neue Honorarreform zu spekulieren und sich wiederum altbekannt Sätze an den Kopf zu werfen.

Sicherlich, hochkomplexe Probleme der Gesundheitsversorgung quotentauglich am Mittwochabend aufzubereiten, ist keine leichte Aufgabe. Zur Aufklärung und Meinungsbildung trägt aber die Vermischung von Patientenwohl, Arzneipreisen, korrupten Ärzte und Fortbildungen in Golfhotels nicht bei.

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