Sascha Lobo

"Alles veraltet, bevor wir wissen, wie es funktioniert!"

Ärzte sollten ihre Rolle in der digitalen Sphäre annehmen. Blogger Sascha Lobo redete dem Publikum beim NAV-Virchowbund ins Gewissen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

BERLIN. Mit einem dringenden Appell an die Ärzte, die Digitalisierung der Gesundheitswirtschaft und der Medizin wahr- und ernstzunehmen, hat der Autor und Strategieberater Sascha Lobo am Freitag die Bundeshauptversammlung des NAV-Virchowbundes eröffnet.

Der disruptive Prozess der Digitalisierung werde die aktuellen Schwächen sehr schnell überwinden. Noch zeigten die Sensoren der Wearables oft fehlerhafte Daten. Es werde aber bald Sensoren geben, die Daten sammelten, auf deren Aussagen ernsthaft medizinische Aussagen getroffen werden könnten. Lobo nannte als Beispiel eine Kontaktlinse, die den Blutzucker messen und vor Hypo- und Hyperglykämien warnen könne. Hinter dem Produkt steht laut Lobos Vortrag Google, gemeinsam mit Apple Schwergewicht der globalen Gesundheitswirtschaft.

Die von einer steigenden Zahl von Menschen erzeugten Datenströme würden ungeahnte medizinische Möglichkeiten bergen. Sie seien aussagefähiger als viele Momentaufnahmen, die heute in den Arztpraxen gemacht würden. Das Smartphone als Messgerät für Langzeit-EKGs sei keine Utopie, sondern bald Realität. 48 Millionen Smartphones sind in Deutschland angemeldet.

Die elektronische Gesundheitskarte wirkt längst antiquiert. Noch kann sie nämlich praktisch nichts. Sie kann aber prima als Beispiel für Sascha Lobos These herhalten, dass die Gesellschaft sich von der Vorstellungen linearer Fortschrittsentwicklung verabschieden sollte. Die digitale Welt entwickele sich exponentiell. "Alles veraltet, bevor wir wissen, wie es funktioniert hat", sagte Lobo.

Den Ärzten wies Lobo eine Schlüsselstellung beim Umgang mit der Digitalisierung zu. Es gehe nicht darum, die Welt an dieser Stelle anzuhalten. Die Ärzteschaft als Ganzes müsse sich darüber klar werden, dass sie Teil eines digitalen Lebensstils würde. Den müssten sie an vorderster Stelle mit gestalten. "Die Datenströme können zu den Ärzten geroutet werden, oder an ihnen vorbei", sagte Lobo. Grundsätzliche ethische Entscheidungshorizonte sollten auf jeden Fall in ärztlicher Hand bleiben.

"Wenn die Patienten das alles wollen, müssen wir uns darauf einstellen", kommentierte der Vorsitzende des NAV-Virchowbundes Dr. Dirk Heinrich Lobos Vortrag.

Leise Zweifel an der Reformfähigkeit der Ärzteschaft als Ganzes äußerte der stellvertretende Vorstand der Apobank Ulrich Sommer. Die Strukturen der Ärzteschaft seien nicht geeignet für die Auseinandersetzung mit den digitalen Entwicklungssprüngen. Die Ärzte müssten sich im Klaren sein, dass Deutschland kein closed shop mehr sei.

Er mache sich Sorgen, dass das Gesundheitswesen auf die Herausforderungen zu langsam reagiere, sagte Christian Klose von der AOK Nordost. Andere Player drängten in den Markt. Die Politik könne diesen Markt jederzeit mit einem Federstrich öffnen.

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