Digitalisierung

Hecken erwartet Verzögerung bei Patientenakte

Die neue große Koalition wird die elektronische Patientenakte so schnell nicht zustande bringen. Davon geht GBA-Chef Hecken aus. Beim Pharma-Forum in Saarbrücken warb er zudem für die Speicherung von Medikamentendaten.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:
Die Digitalisierung eröffnet Ärzten neue Möglichkeiten. Datenschutz ist dabei wesentlich.

Die Digitalisierung eröffnet Ärzten neue Möglichkeiten. Datenschutz ist dabei wesentlich.

© lenetsnikolai / Fotolia

SAARBRÜCKEN. Der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), Professor Josef Hecken, rechnet nicht damit, dass die künftige Bundesregierung die elektronische Patientenakte wie geplant auf den Weg bringt. "Ich würde mir das wünschen, aber wir werden das in den nächsten drei Jahren nicht erleben", sagte Hecken auf dem 14. "Pharma Forum" in Saarbrücken.

Zu der Veranstaltung hatten die Landesregierungen des Saarlandes, von Hessen und Rheinland-Pfalz sowie der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen und der "Gesundheitspolitische Arbeitskreis Mitte" nach Saarbrücken eingeladen. Mehr als 200 Gäste vor allem aus Pharma-Industrie, Medizintechnik und Wissenschaft waren gekommen.

Typisch Deutsch?

Hecken warb in Saarbrücken dafür, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Bei einer Umfrage unter den Teilnehmern der Veranstaltung, was sie am Thema Digitalisierung interessiere, antworteten die meisten mit den Stichwörtern "Datenschutz" und "Datensicherheit". "Das ist eine typisch deutsche Sichtweise", meinte Hecken. "Bevor wir uns über die Chancen der Digitalisierung unterhalten, denken wir zuerst daran."

Der GBA-Chef verwies vor allem auf die Vorteile der Digitalisierung. Wichtig sei zum Beispiel eine Speicherung von Arzneimitteldaten. Zwar bekämen die Patienten heute Medikationspläne auf Papier. Im Notfall blieben die aber zu Hause in der Küchenschublade. "Wenigstens für Notfälle", so forderte Hecken, "muss der Arzt doch wissen, was der Patient an dem Tag genommen hat". Und auch darüber hinaus müssten die Mediziner eigentlich erfahren, was andere Ärzte ihrem Patienten noch verordnen. Hecken ist sich sicher: 90 Prozent der Patienten würden zustimmen, ihre Daten zur Verfügung zu stellen.

Professor Josef Hecken, Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA)

Die Digitalisierung kann nach Überzeugung des GBA-Chefs auch helfen, künftig die medizinische Grundversorgung auf dem Lande aufrechtzuerhalten. Als Beispiel nannte er Herzschrittmacher-Fernüberwachungen. Auch die Therapie lasse sich mit neuer Technik verbessern. Dank der DNA-Sequenzierung sei man in der Lage herauszufinden, bei welchen Patienten eine Therapie anschlage. Dann müsse man anderen Patienten keine teils schweren Nebenwirkungen mehr zumuten, bei denen die Therapie ohnehin nicht wirke.

Unterstützung erhielt Hecken vom Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (VfA). "Immer, wenn es irgendwelche Veränderungen gibt, dann denken wir ‚Oh Gott, was könnte das an Gefahren bedeuten‘", meinte VfA-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer. Ein solcher Reflex lasse keine Veränderungen zu. Fischer rief die künftige Bundesregierung zu einer gemeinsamen Strategie beim Thema E-Health auf. Daran anschließen sollte ein Aktionsplan. "Sonst thematisieren wir alles Mögliche", so die VfA-Hauptgeschäftsführerin, "kommen aber keinen Schritt weiter".

Apotheker-Rolle unterschätzt

Nach Ansicht von Professor Claus Michael Lehr vom Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung im Saarland haben die Apotheker eine ganz wichtige Aufgabe im Gesundheitswesen. Ihre Rolle werde unterschätzt. So würden die Apotheker viel zu wenig in die Auswahl von Medikamenten einbezogen, kritisierte Lehr.

Auch GBA-Chef Hecken begrüßte eine aktivere Rolle der Apotheker. Sie könnten sich zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den Ärzten auch um das Arzneimittel-Management der Patienten kümmern. "Der Apotheker", so Hecken, "kennt schließlich auch die Zukäufe der Patienten".

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