Sachverständigenrat

Bund soll sich an Klinikfinanzierung beteiligen

Auf der Regionalkonferenz des Sachverständigenrats in Düsseldorf erklären die Experten, warum sie es für sinnvoll halten, dass der Bund in einigen Fragen bei der Klinikplanung Einfluss bekommen sollte.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Teilnehmer der Regionalkonferenz: Moderatorin Petra Schwarz, Dr. Peters Enders, Helmut Watzlawik, Professor Petra Thürmann, Professor Wolfgang Greiner, Professor Ferdinand Gerlach (v.l.n.r.).

Teilnehmer der Regionalkonferenz: Moderatorin Petra Schwarz, Dr. Peters Enders, Helmut Watzlawik, Professor Petra Thürmann, Professor Wolfgang Greiner, Professor Ferdinand Gerlach (v.l.n.r.).

© SVR/Varabyova

DÜSSELDORF. Auch wenn die Vorschläge des Gesundheits-Sachverständigenrats (SVR) zur künftigen Krankenhausplanung und -finanzierung bei den Ländern nicht gut ankommen, gibt es zwischen beiden Seiten doch eine Reihe von Schnittmengen. Dazu zählt die Hoffnung, dass der Strukturfonds endlich Schwung in die Neustrukturierung des Krankenhaussektors bringt. Das wurde auf der vierten Regionalkonferenz des SVR in Düsseldorf deutlich.

Weil die Monistik mit den Ländern nicht zu machen ist, plädiere der SVR inzwischen für eine „differenzierte Monistik“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Professor Ferdinand Gerlach. Der Bund soll vor allem an den Landesgrenzen ins Spiel kommen, wo die unterschiedlichen Planungskompetenzen häufig zu Doppelstrukturen führen.

Handlungsbedarf sieht der SVR insbesondere bei der Notfallversorgung, der Versorgung von Patienten mit seltenen Erkrankungen oder Brandopfern sowie bei Transplantationen. „Unser Vorschlag: Der Bund übernimmt hier über den Strukturfonds einen Teil der Finanzierung aus Steuermitteln und bekommt damit eine koordinierende Rolle“, erläuterte Gerlach. Das könnte die Strukturen ändern.

Bei Monistik und Landesplanung müsse es kein Entweder/Oder geben, sagte Helmut Watzlawik, Leiter der Abteilung Gesundheit im nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium. „Beim Strukturfonds entscheiden die Länder nicht allein, sondern gemeinsam mit den Krankenkassen.“ In NRW werde im kommenden Jahr mit 210 Millionen Euro ein erheblicher Teil der Klinikinvestitionen aus dem Strukturfonds stammen, sagte Watzlawik.

Er war für NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann eingesprungen, der verhindert war. Auch dessen Kollegin Sabine Bätzing-Lichtenthäler aus Rheinland-Pfalz hatte kurzfristig abgesagt. An ihrer Stelle nahm Dr. Peter Enders an der Regionalkonferenz West teil, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Mainzer Landtag. Das Saarland hatte keinen Vertreter geschickt.

Auswirkungen auf Doppelangebote

Auch Watzlawik geht davon aus, dass die aus dem Strukturfonds bezahlten Fördermaßnahmen die Kliniklandschaft verändern werden. Doppelangebote könnten verschwinden. „Man braucht finanzielle Anreize als Argument, damit man die letzten Schritte geht.“

Genau davor schreckt die Politik oft zurück, weiß CDU-Politiker Enders aus Rheinland-Pfalz. „Derjenige, der fordert, ein Krankenhaus zu schließen, wird geköpft.“ Der Arzt sieht im Strukturfonds ein Mittel gegen Überversorgung. Überhaupt kann er nach eigenen Angaben 95 Prozent dessen unterschreiben, was der SVR in seinem aktuellen Gutachten „Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung“ festgehalten hat.

Nach Ansicht von SVR-Mitglied Professor Wolfgang Greiner ist der Strukturfonds ein gutes Instrument, mit den Beiträgen der gesetzlich Krankenversicherten aber falsch finanziert. „Eine Steuerfinanzierung wäre besser“, sagte er. Solange die Kliniklandschaft in Deutschland festgemauert bleibe, werde die notwendige Ambulantisierung der Versorgung nicht vorankommen.

Einig waren sich die Wissenschaftler und die Ländervertreter auch darin, dass es Handlungsbedarf bei der Information und der Steuerung der Patienten gibt. „Es geht darum, den Patienten in die Lage zu versetzen, bessere Entscheidungen zu treffen“, sagte Professor Petra Thürmann vom SVR.

Bei Rückenbeschwerden forderten viele Patienten bildgebende Verfahren ein, obwohl sie gar nicht notwendig seien. Dennoch gäben die Ärzte oft nach. Hier könnte ein obligatorisches Zweitmeinungsverfahren helfen. „Man muss es aber evaluieren“, forderte Thürmann. Sinnvoll wäre nach Ansicht des SVR auch die Umsetzung des lange geplanten DMP Rückenschmerzen. „Aber wegen vieler Interessenkollisionen wird es nicht eingeführt.“

Mehr zum Thema

ÖGD-Bundeskongress

Sozial belastete Familien: Schwer erreichbar für Hilfe

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wo lang im Gesundheitswesen? Der SVR Gesundheit und Pflege empfiehlt mehr Richtungspfeile für alle Akteure.

© StefanieBaum / stock.adobe.com

Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege

Gesundheitsweise empfehlen Primärversorgung für alle – und Quotierung der Weiterbildung

„Wenn die Politik Wissenschaftlern sagen würde, wir wollen dieses oder jenes Ergebnis, ist das Propaganda.“ Klaus Überla – hier im Treppenhaus seines Instituts – über Einmischungen aus der Politik.

© Patty Varasano für die Ärzte Zeitung

Interview

STIKO-Chef Überla: RSV-Empfehlung kommt wohl bis Sommer

Dr. Iris Dötsch Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologin und Ernährungsmedizinerin hat die Hauptstadtdiabetologinnen, eines neues Netzwerk für Frauen in der Diabetologie, gegründet.

© snyGGG / stock.adobe.com

Hauptstadtdiabetologinnen

Ein Netzwerk für Diabetologinnen