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Fusionen - eine Chance für Qualität

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Die Fusion von Barmer und Gmünder Ersatzkasse ist ein wichtiges Signal dafür, wie sich Macht und Strukturen im Gesundheitswesen in der neuen Legislaturperiode verschieben könnten. Die zentralistischen Organisationen wie der GKV-Spitzenverband, die KBV als sein Widerpart und der Gemeinsame Bundesausschuss könnten an Bedeutung verlieren zugunsten eines stärkeren (Leistungs-)Wettbewerbs unter marktstärkeren Einzelkassen.

Klein aber fein reicht nicht mehr aus

Nur vordergründig ist der Zusammenschluss von Barmer und Gmünder der Versuch, im kommenden Jahr so lange es eben geht, die Erhebung eines Zusatzbeitrags zu vermeiden.

Mittel- bis längerfristig geht es darum, durch Mitgliederstärke eine Größe zu erreichen, die im Markt auch Qualität bedeutet. Das Beispiel der Gmünder Ersatzkasse kann dies verdeutlichen: Die Kasse hat ein ausgeprägtes Profil; in Image-Untersuchungen ist ihr besondere Kundenfreundlichkeit bescheinigt worden. Die Kasse engagiert sich in der Gesundheitsforschung und finanziert an der Uni Bremen einen Stiftungs-Lehrstuhl.

Sie kümmert sich um Medizin und Versorgung. Aber: Mit 1,2 Millionen Mitgliedern - das entspricht einem Marktanteil von 1,7 Prozent - ist die Kasse zu klein, um bei Ärzten, Krankenhäusern oder Arzneimittelherstellern ein interessanter Vertragspartner zu sein. Dies ändert sich mit der Fusion von BEK und GEK, die zusammen auf 8,6 Millionen Versicherte und einen Marktanteil von 12,8 Prozent kommen. Heruntergebrochen auf die Arztpraxis heißt das: ungefähr jeder achte Patient ist ein BEK/GEK-Versicherter.

Warum Ärzte nun kreativer werden müssen

Was bedeutet dieser Prozess für die Ärzte? Zum Beispiel für das weitere Schlicksal der Hausarzt-Verträge? Im Moment spielen die Ersatzkassen ganz klar auf Zeit. Ihr Verband hat die Funktion, sich auf kleinstmöglichem Nenner einen Vertrag per Schiedsamt aufzwingen zu lassen. Erst mittel- bis längerfristig werden die Ersatzkassen eigenständige Verträge entwickeln - unter der Voraussetzung, dass sie sich damit profilieren können. Darauf aber müssen sich Ärzte und ihre Organisationen einstellen. Es reicht nicht aus, den AOK-Hausarztvertrag zu kopieren.

Auch im Gefüge der Kassen und ihrer Organisationen werden sich aus Fusionen - eine der nächsten könnte die der AOKen Nordrhein/Hamburg und Westfalen-Lippe sein - Machtverschiebungen ergeben. Bei der nächsten Gesundheitsreform könnten Aufgaben des GKV-Spitzenverbandes auf einzelne Kassen verlagert werden. Dann bekäme die heute von GKV-Spitzenverband, KBV und Bundesausschuss definierte Einheitsmedizin eine Chance zur Differenzierung. Hier ist die Kreativität von Ärzten gefragt.

Lesen Sie dazu auch: Weg frei für Deutschlands größte Krankenkasse

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