Pflegereport

Ambulante Pflege nimmt weiter Fahrt auf

Pflegebedürftige erhalten immer häufiger Leistungen von ambulanten Pflegediensten. 2012 haben diese fast 23 Prozent der pflegebedürftigen Menschen betreut - so viel wie nie zuvor. Doch auch der Eigenanteil für Pflege steigt immer weiter.

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Wundversorgung durch einen Krankenpfleger. Die Unterstützung durch ambulante Pflegekräfte ist gefragt wie nie zuvor.

Wundversorgung durch einen Krankenpfleger. Die Unterstützung durch ambulante Pflegekräfte ist gefragt wie nie zuvor.

© Sanders / Fotolia.com

BERLIN. Der Anteil der professionellen Pflege nimmt zu: Vor allem die ambulanten Pflegedienste gewinnen zunehmend an Bedeutung. Das geht aus dem Barmer Pflegereport 2013 hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde.

"Die ambulanten Pflegedienste haben 2012 fast 23 Prozent der pflegebedürftigen Menschen betreut - so viele wie nie zuvor", sagte Studienautor Professor Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen. Im Jahr 2008 waren es noch 20,9 Prozent.

Der Anteil der Heimpflege habe hingegen in den letzten Jahren stagniert und sei zuletzt sogar leicht auf 28,8 Prozent gesunken. Damit halte der Trend zur professionellen Pflege weiter an. Allerdings gebe es jetzt andere Vorzeichen: eine stärkere Betonung der häuslichen Pflege unter Beteiligung ambulanter Pflegedienste.

Dementsprechend sind laut Report die Personalkapazitäten in der ambulanten Pflege zwischen 1999 und 2011 mit 64 Prozent schneller gewachsen als die Zahl der Betten in Pflegeheimen. Diese hätten um 36 Prozent zugenommen. "Hier scheint der Grundsatz ‚ambulant vor stationär‘ reale Wirkung zu zeigen", so Rothgang.

Reha vor Pflege: Davon profitieren 15 Prozent

Auch bei dem Thema Reha vor Pflege scheint sich etwas zu tun: Um Pflegebedürftigkeit zu verhindern oder zu lindern, würden immer häufiger Reha-Maßnahmen durchgeführt. "So erhalten 15 Prozent der über 65-jährigen Pflegebedürftigen im Jahr vor dem Pflegeeintritt eine medizinische Rehabilitation", sagte Rothgang.

Im nachfolgenden Jahr betrage die Quote jedoch nur noch sieben Prozent. Allerdings konnten die Erfolge von Reha-Maßnahmen, wie zum Beispiel eine verlängerte Lebenszeit, nicht eindeutig nachgewiesen werden. "Die Versorgungsforschung mit Routinedaten stößt hier an Grenzen. Es bleiben Fragezeichen hinter der Reha, so plausibel sie auch erscheint", sagte Barmer GEK-Vize Dr. Rolf-Ulrich Schlenker.

Erneut gestiegen seien die Eigenanteile, die privat zur Finanzierung der Pflege aufgebracht werden müssen. Im Jahr 2011 standen dem Report zufolge Versicherungsleistungen in der Pflege von 1023 Euro in Pflegestufe 1 einem Eigenanteil von insgesamt 1380 Euro gegenüber. 2009 war der Eigenanteil noch etwas geringer: Bei gleich hohen Versicherungsleistungen hat der Eigenanteil durchschnittlich 1351 Euro betragen.

In der Pflegestufe III fallen die gesamten Eigenanteile mit 1802 Euro etwas höher aus. Zum Vergleich: 2009 betrug der Eigenanteil 1791 Euro. Allerdings sind hier die Versicherungsleistungen von 1470 Euro im Jahr 2009 auf 1510 Euro im Jahr 2011 gestiegen. Den Grund für die wachsenden Eigenanteile sieht Rothgang in der bis Mitte 2008 fehlenden und seitdem unzureichenden Leistungsdynamisierung.

"In der stationären Pflege übersteigt der insgesamt aufzubringende Eigenanteil die Pflegeversicherungsleistung inzwischen in allen Pflegestufen deutlich", so Rothgang. "Die lebenslangen Pflegekosten betragen für Frauen durchschnittlich 45.000 Euro", ergänzte Schlenker. Männer müssten mit etwa 21.000 Euro rechnen.

Darüber hinaus kritisierte Schlenker die Pläne der großen Koalition einen Innovationsfonds einführen zu wollen. Damit werde die Versorgungsforschung kollektiviert. "Eine Vereinheitlichung würde die Versorgungsforschung nicht fördern, sondern geradezu blockieren. Schließlich trägt die vielfältige Forschungsarbeit der Krankenkassen zu Fortschritten in diesem Bereich bei", sagte Schlenker. (sun)

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