Charité

Gesundheitsberufe auf Augenhöhe

Lernen und Lehren im Team ist gefragt. Das zeigen erste Evaluationen zu den Projekten INTER-M-E-P-P und InterTUT der Charité.

Von Martina Merten Veröffentlicht:
Schon während der Ausbildungsjahre zu lernen, wie man Konflikte im Team lösen kann oder miteinander sinnvoll kommuniziert, hilft bei der Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen verschiedenen Akteueren im Krankenhaus.

Schon während der Ausbildungsjahre zu lernen, wie man Konflikte im Team lösen kann oder miteinander sinnvoll kommuniziert, hilft bei der Zusammenarbeit auf Augenhöhe zwischen verschiedenen Akteueren im Krankenhaus.

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BERLIN. Wenn verschiedene Gesundheitsberufe in der Praxis aufeinandertreffen, kommt es nicht selten zu Missverständnissen. Unzufriedenheit und Unverständnis sind die Folgen. Frühzeitig, also bereits während der Ausbildungsjahre, zu lernen, wie man Konflikte im Team lösen kann oder miteinander sinnvoll kommuniziert – dieses Ziel verfolgen zwei von der Charité federführend geleitete Projekte zum interprofessionellen Lehren und Lernen der Gesundheitsberufe. "Wir wollten eine Verständigung ohne Ansehen der Hierarchie erreichen. Und Bildungsgrade bedeuten immer Hierarchien", sagte Dr. Marianne Rabe, pädagogische Geschäftsführerin der Charité Gesundheitsakademie, bei der Vorstellung der Projektergebnisse in Berlin. Die Robert-Bosch-Stiftung finanziert beide Projekte im Rahmen ihres Förderprogramms "Operation Team — interprofessionelles Lernen in den Gesundheitsberufen" seit 2013. Die zweite Förderphase endet im August. Das gesamte Fördervolumen liegt nach Angaben der Robert Bosch-Stiftung bei zwei Millionen Euro.

Peer-Teaching

Im Projekt InterTUT (INTERprofessionelle TUTorien) entwickelten Studierende Tutorien und boten sie anderen Studierenden der Medizin, Ergo- und Physiotherapie sowie Auszubildenden der Gesundheits- und Krankenpflege an. Projektpartner sind neben der Charité die Alice Salomon Hochschule (ASH) und die Evangelische Hochschule Berlin (ehb). Inzwischen, berichtete Projektkoordinatorin Katrin Reichel von der Charité Universitätsmedizin Berlin, können sich Studenten den Besuch solcher Tutorien anrechnen lassen. Mit der Anrechenbarkeit habe sich auch die Teilnehmerzahl erhöht, so Reichel. Zwölf Studenten konnten aus den verschiedenen Fachrichtungen als Peer-Tutoren gewonnen und qualifiziert werden. Sie entwarfen sechs verschiedene Lerneinheiten.

Eines der Themen: Team und Teamarbeit (fallbezogene Analyse von Schnittstellen). Ein anderes: Rollen und Verantwortungsbereiche (Austausch über Vorurteile, Tätigkeitsfelder und Schnittstellen). An den einzelnen Tutorien nahmen jeweils zwischen fünf und 15 Studierende teil. Sie wurden in der Regel einmal monatlich angeboten. Insgesamt fanden von Mitte Juni 2014 bis Mitte Juli 2015 zwölf Tutorien statt, an denen 74 Studierende der verschiedenen Professionen teilnahmen. Damit ein Termin zustande kam, mussten sich Teilnehmende aus mindestens zwei Berufsgruppen angemeldet haben. Medizinstudenten und Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege machten besonders häufig mit.

Tutorien positiv beurteilt

Erste Evaluationen zeigen: 81 Prozent der Teilnehmenden fühlten sich während der Tutorien weder über- noch unterfordert, für 19 Prozent hätte die Lerneinheit noch intensiver sein können. Was allen gefallen hat: sich auf Augenhöhe austauschen zu können. Auch die Wertschätzung durch andere Berufsgruppen gaben die Befragten als sehr wichtig an.

Im Projekt INTER-M-E-P-P (interprofessionelles Lehren und Lernen von Studierenden der Medizin, Ergo- theraphie, Physiotherapie und Pflege) ging es darum, Lehrveranstaltungen für die verschiedenen Professionen zu entwickeln und zu erproben. Verantwortlich dafür war eine Lenkungsgruppe aus Vertretern aller vier Berufsgruppen und der drei beteiligten Hochschulen (Charité, ASH und ehb). Themen der Lehrveranstaltungen waren beispielsweise "der Patient im Mittelpunkt der Rehabilitation" oder "Konflikte im Team: interaktives Kleingruppenformat mit Rollenspiel.

Nach Angaben von Projektkoordinatorin Ronja Behrend von der Charité konnten bislang insgesamt mehr als 700 Studierende über INTER-M-E-P-P erreicht werden, durchschnittlich rund 300 Medizinstudierende pro Semester plus 35 Pflegestudierende und 40 Therapiestudierende pro Jahr. "Die Herausforderung ist es jetzt, die Lehrveranstaltungen dauerhaft in die Curricula der drei Hochschulen zu implementieren und auch national Interesse dafür zu wecken", betonte Behrend. Die Evaluationen der Veranstaltungen zeigen zwar: Alle sind zufrieden. Allerdings war der organisatorische Aufwand groß. So gab es Schwierigkeiten bei terminlichen und räumlichen Abstimmungen oder durch die verschiedenen Prüfungsordnungen der Hochschulen. Um die begonnene Arbeit am gemeinsamen Lernen in die Curricula der Universitäten einzuführen seien Absprachen zwischen den Hochschulen notwendig, so die Projektteams. Entscheidend für die Zukunft beider Projekte bleibt nicht zuletzt deren weitere Finanzierung.

"Operation Team"

- Die Robert Bosch Stiftung hat ein Programm zum "Interprofessionellen Lernen in den Gesundheitsberufen" aufgelegt.

- Das Fördervolumen hierfür beträgt zwei Millionen Euro.

- Seit 2013 wird in 17 Projekten versucht, den Dialog zwischen den Professionen bereits während der Ausbildung zu fördern.

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