Diakonie fordert

Deutschland braucht grundlegende Pflegereform!

Union und SPD wollen in ihrer neuen Koalition die Altenpflege verbessern. Doch das reicht der Diakonie nicht. Sie fordert grundlegende Veränderungen.

Veröffentlicht:
Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt, doch in der Altenpflege gibt es zu wenige Fachkräfte.

Die Zahl der pflegebedürftigen Menschen steigt, doch in der Altenpflege gibt es zu wenige Fachkräfte.

© drubig-photo / stock.adobe.com

BERLIN. Die Diakonie Deutschland fordert von der neuen Bundesregierung grundlegende Verbesserungen in der Altenpflege.

"Das ist ein Gradmesser für die Humanität unserer Gesellschaft", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Lilie begrüßte die von Union und SPD in ihrem Koalitionsvertrag versprochene "Konzertierte Aktion Pflege". Allerdings seien die als Sofortprogramm angekündigten 8000 neuen Pflegefachkräfte zu wenig.

Lilie sagte, in Deutschland gebe es einen Akutbedarf an 60.000 neuen Stellen. "Da reden wir über Milliarden und nicht über 400 Millionen Euro, die den 8000 neuen Stellen entsprechen."

Mit Spannung wird erwartet, was der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beim Deutschen Pflegetag am 16. März in Berlin ankündigt.

Nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen

Angehörige müssten spürbar entlastet werden, und Verbesserungen dürften nicht in erster Linie zu finanziellen Lasten der Pflegebedürftigen und ihrer Familien gehen, forderte Lilie. Nötig sei eine großzügigere und fundierte Personalbemessung in den Einrichtungen.

Der Bremer Pflege-Forscher Heinz Rothgang sagte der dpa: "Bereits 2012 prognostizierte die Bertelsmann-Stiftung eine Personallücke von 500.000 Vollzeitstellen in der Langzeitpflege bis zum Jahr 2030." Ein Teil dieser Lücke gebe es heute. "Doch selbst, wenn alle Stellen besetzt wären, wäre immer noch zu fragen, ob wir damit eine fachgerechte Pflege hätten."

Viele Hinweise aus der Branche deuteten darauf hin, dass das nicht der Fall sei. "Wir untersuchen für die Bundesregierung gerade, wie viel Personal wir für eine fachgerechte Pflege brauchen." 2019 sollten Ergebnisse vorliegen.

Die angekündigten 8000 neuen Stellen für Behandlungspflege seien "ein Tropfen auf den heißen Stein", sagte Rothgang. "Wir werden über Jahrzehnte steigende Zahlen an Pflegebedürftigen haben", sagte er. "Der Arbeitsmarkt kippt, es gibt immer weniger Fachkräfte. Die Situation wird sich nicht entspannen."

Flächendeckende Tarifverträge schwer umzusetzen

Der Wissenschaftler meinte, das Vorhaben von Union und SPD von flächendeckenden Tarifverträgen in der Pflege werde nicht einfach umzusetzen sein. "Denn die Mehrzahl der Heimträger ist frei-gemeinnützig." Bei den kirchlichen Trägern aber gebe es keine klassischen Tarifverträge. "Um einen Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, muss er aber in der Mehrheit der Einrichtungen gelten."

Diakonie-Präsident Lilie meinte, es sei verfrüht, die Hoffnung auf eine durchgreifende Verbesserung in der Altenpflege aufzugeben. "Wer hätte vor zehn Jahren gedacht, dass die Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden", nannte er als Beispiel. (dpa)

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Aktueller WIdOMonitor

Wer zu Hause pflegt, tritt oft beruflich kürzer

Bessere Rahmenbedingungen für Praxen

Kabinett macht Weg für Lauterbachs Hausärzte-Gesetz frei

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Inkretinmimetika

GLP-1: Wie aus dem kleinen Hormon ein Rockstar wird

Risikoanalyse

Komplikation nach Hernien-Operation: Wer ist gefährdet?

Lesetipps
Mehrkosten für die Entbudgetierung der hausärztlichen Versorgung seien Investition in den Erhalt der Praxen, betont Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. 

© Michael Kappeler / dpa

Kabinett winkt GVSG durch

Lauterbach macht Hausarztpraxen Mut: „Jede Leistung wird bezahlt“

Brücke zwischen zwei Steilklippen. Auf der Brücke stehen zwei Menschen.

© Usman / stock.adobe.com

Aktuelle Forschung

Antikörper – die Verkuppler der Krebsmedizin

Heiße Nächte können nicht nur nervig sein. Sie gehen auch mit einem höheren Risiko für Schlaganfälle einher, so das Ergebnis einer Studie aus München und Augsburg.

© samuel / stock.adobe.com

Studie mit Daten zu 11.000 Schlaganfällen

Tropische Nächte sind offenbar ein Risikofaktor für Schlaganfälle