Nordrhein-Westfalen

Kreis schafft neues Netzwerk für Versorgung von Senioren

In manchen Regionen des Oberbergischen Kreises gibt es eine Unterversorgung für geriatrische Patienten – dem will der Gemeindeverband mit einem innovativen Konzept entgegenwirken.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Ein idyllischer Fleck, der Oberbergische Kreis. Aber an der geriatrischen Versorgung muss gearbeitet werden.

Ein idyllischer Fleck, der Oberbergische Kreis. Aber an der geriatrischen Versorgung muss gearbeitet werden.

© S. Ziese / dpa

DÜSSELDORF. Mit dem Aufbau eines möglichst engmaschigen Netzes wollen Akteure im Oberbergischen für eine bessere ambulante und stationäre Versorgung und eine zielgerichtete Notfallversorgung von geriatrischen Patienten sorgen. Das Projekt „Oberberg_Fairsorgt“ wird mit Mitteln aus dem Innovationsfonds gefördert. Das Besondere: Erstmals in Deutschland ist dabei eine Gebietskörperschaft Konsortialführer.

In manchen Regionen des 900  Quadratkilometer großen Oberbergischen Kreises gebe es schon eine Unterversorgung, berichtete Sozial- und Gesundheitsdezernent Ralf Schmallenbach auf dem „NRW-Kongress Telemedizin 2019“ in Düsseldorf. „20 Arztsitze von Allgemeinmedizinern sind unbesetzt.“ Weitere Versorgungslücken seien für die Zukunft absehbar. Deshalb hat die Kreisverwaltung die Initiative ergriffen und bei möglichst vielen Akteuren darum geworben, gemeinsam die Lösung von Versorgungsproblemen in die Hand zu nehmen.

Bescheid über elf Millionen

Das Engagement hat Früchte getragen. Im März 2018 hat der Kreis den Antrag auf Förderung durch den Innovationsfonds gestellt. Inzwischen liegt der vorläufige Förderbescheid vor, über 11,2 Millionen Euro. „Wir haben aber immer noch keine Flasche Sekt aufgemacht, weil wir uns nach wie vor an bürokratischen Dingen entlang hangeln“, berichtete Schmallenbach. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt als Projektträger habe immer neue Nachfragen. „Bis heute haben wir noch keinen endgültigen Förderbescheid.“ Dabei war der der Beginn für den 1. Mai geplant, das Projekt läuft bis zum 30. April 2023.

Eingeschlossen werden sollen 1000 akut oder latent pflegebedürftige Senioren ab 65 Jahren, die einer dauerhaften medizinischen und/oder pflegerischen Versorgung bedürfen. Sie müssen bei der AOK Rheinland/Hamburg oder der Pronova BKK versichert sein. Die beiden Kassen gehören ebenso zu den Konsortialpartnern wie das Klinikum Oberberg und der kommunale Rettungsdienst. Das Projekt wird vom Lehrstuhl für Sozialpolitik und Genossenschaftswesen der Uni Köln wissenschaftlich begleitet.

Als Kernstücke von „Oberberg_Fairsorgt“ nannte Schmallenbach, der lange Zeit bei der AOK Rheinland/Hamburg tätig war, den Aufbau einer Infrastruktur zur technischen Vernetzung der Partner, die Koordinierung der Notfallversorgung von pflegebedürftigen Senioren und die Stärkung der informellen Pflege. Der Oberbergische Kreis als unabhängige zentrale Gebietskörperschaft wolle als Regisseur die Versorgung organisieren, erläuterte er. Das kann der Kreis seiner Ansicht nach besser als andere, weil er keine Partikularinteressen verfolgt.

„Wir schließen vorhandene Lücken und wollen das tendenziell überlastete System entlasten“, beschrieb Schmallenbach die Zielrichtung. Geplant sei der Aufbau eines geriatrischen, gerontologischen, kommunalen und ambulanten Fachzentrums. Es soll die Versorgung fachlich moderieren, geriatrische und gerontologische Fachkompetenz konsiliarisch bereitstellen und die Notfallversorgung koordinieren.

Sektorengrenzen überschreiten

Zu den geplanten Leistungen für die Pflegebedürftigen gehören auch die Stärkung präventiver Angebote und die Nutzung von Telemedizin- und Assistenzsystemen. Ein wichtiger Aspekt aus Sicht von Dezernent Schmallenbach: „Wo nötig und möglich wollen wir die Sektorengrenzen überschreiten.“

Der Aufbau einer digitalen Infrastruktur, die den beteiligten Akteuren Zugriff auf die benötigten Patientendaten gibt, sei schwierig, betonte der Gesundheitsdezernent. Denn es müsse eine Lösung gefunden werden, die auch den Patienten beziehungsweise den betreuenden Angehörigen Zugang zu den Daten verschafft. „Gerade eine Gebietskörperschaft wie wir muss darauf Wert legen.“

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