Telemedizin

Von der Baustelle zum Standard?

Die Telemedizin wird sich in 15 Jahren als Standard in Deutschland etablieren. Das prognostiziert zumindest eine neue Marktstudie.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Telemedizin kann auch im Notfall helfen – zum Beispiel bei der Übermittlung von Daten in die Klinik.

Telemedizin kann auch im Notfall helfen – zum Beispiel bei der Übermittlung von Daten in die Klinik.

© Djama / fotolia.com

Hamburg. Telemedizinische Anwendungen werden spätestens in 15 Jahren Standard in Deutschland sein. Verantwortlich dafür sind die Fortschritte der Mobilitätstechnologie. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting in einer Marktbeobachtung.

Etwa 1000 neue Health-Apps kämen Monat für Monat weltweit auf den Markt. Der Umsatz mit gesundheitsbezogenen Apps habe im vergangenen Jahr ein Volumen von 1,3 Milliarden US-Dollar (rund eine Milliarde Euro) erreicht.

"Das entspricht einer Verdoppelung gegenüber 2011", sagt Torsten Kreis, bei Steria Mummert Senior Manager Public Services.

Telemedizin hilft, Kosten zu begrenzen

Allein bei der Behandlung von Diabetikern brächte die Telemedizin großen Nutzen. "Die Stoffwechselkrankheit verursacht in Deutschland jährlich etwa 50 Prozent der Krankenversorgungskosten", verdeutlicht Kreis.

Jedes Jahr würden etwa 25.000 diabetische Fußamputationen durchgeführt. Schätzungen gingen davon aus, dass die Zahl der diagnostizierten Diabetiker im Jahre 2030 auf mehr als sechs Millionen steigen werde.

"Mit Hilfe der Telemedizin ließen sich Patienten in kürzeren Abständen zu bezahlbaren Kosten untersuchen. Eine Verschlechterung im Krankheitsverlauf würde so früher erkannt und eine Fußamputation möglicherweise verhindert.

Bis zu 740.000 Neupatienten ließen sich vermeiden", schätzt Kreis. "Dadurch könnte man zwei Milliarden Euro Kosten pro Jahr einsparen."

Noch stecke die Telemedizin aber vielerorts in den Kinderschuhen. "Die meisten Vorhaben kommen über den Projektstatus nicht heraus, es gelingt keine erfolgreiche Transformation in die medizinische Praxis", resümiert Kreis. "Wenn die Forschungsgelder ausgegangen sind, wird auch das Projekt beendet", ergänzt er. Das liege entscheidend daran, dass die Krankenkassen noch keine Kosten für telemedizinische Leistungen erstatteten.

Das könnte sich aber bald ändern. Denn der GKV-Spitzenverband und die KBV haben jüngst eine gemeinsame Rahmenvereinbarung aufgesetzt, in der der Bewertungsausschuss den Auftrag erhält, den EBM auf die mögliche Finanzierung der Telemedizin hin zu prüfen.

Somit ist die Telemedizin-Ziffer für niedergelassene Vertragsärzte wieder in greifbarere Nähe gerückt.

Patientensicherheit wird gestärkt

"Die Telemedizin würde auch einen Beitrag leisten, das Risiko von Behandlungsfehlern zu senken", verdeutlicht Kreis einen weiteren Vorteil der Fernüberwachung von Patienten.

Ärzte regionaler Kliniken könnten sich so via elektronischer Fallakte und Videokonferenz eine zweite Meinung aus einem Uniklinikum einholen. "Eine zweite Meinung durch den telemedizinischen Fortschritt ist ein guter Kompromiss zwischen Patientensicherheit und Kostendruck", so Kreis.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Überzeugende Einsparung

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