Kapitalanlage

Cannabis berauscht Anleger an der Börse

Immer mehr Staaten erlauben Cannabinole als Medikament oder Rauschmittel – das treibt die Aktienkurse neu gegründeter Anbauunternehmen in ungeahnte Höhen.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Das Geschäft mit Cannabis ist für viele Unternehmen aussichtsreich.

Das Geschäft mit Cannabis ist für viele Unternehmen aussichtsreich.

© blickwinkel / dpa

NEU-ISENBURG. Der Name lässt auf ein Biotech-Unternehmen schließen. Doch mit der Entwicklung herkömmlicher Medikamente hat Abattis Bioceuticals nichts zu tun.

Das börsennotierte Unternehmen im kanadischen Vancouver konzentriert sich auf ein ganz spezielles Geschäft: Die Entwicklung von Verfahren, um Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) aus Hanfpflanzen zu extrahieren.

Börsianer sind geradezu berauscht von der Idee: In den vergangenen zwölf Monaten ist der Aktienkurs von Abattis um mehr als 177 Prozent gestiegen.

Was die Geschäfte der auch an deutschen Börsen gelisteten Gesellschaft beflügelt, ist die Aufweichung der Drogenpolitik in zahlreichen Staaten. In Australien, Kanada und 21 US-Bundesstaaten ist die medizinische Nutzung von Cannabis freigegeben.

Dokumentiert ist die Wirksamkeit von THC und CBD in der Schmerztherapie, bei Multipler Sklerose, Übelkeit, Erbrechen und Kachexie. Zudem haben mittlerweile acht US-Bundesstaaten ebenso wie zuvor bereits die Niederlande, Norwegen, Portugal, Tschechien und eine Reihe lateinamerikanischer Länder den privaten Gebrauch von Cannabis gestattet.

In Deutschland ist bislang die Nutzung nur für Schmerzpatienten mit Rezept erlaubt, sofern andere Mittel nicht wirken.

Für eine Freigabe der Droge haben sich zuletzt aber nicht nur FDP, Grüne und Die Linke ausgesprochen, sondern auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter. Dessen Vorsitzender André Schulz sagt: "Das derzeitige Cannabis-Verbot ist nicht zielführend."

Stimmung für Börsengänge

Die veränderte politische Stimmungslage hat in Kanada neben Abattis eine Reihe weiterer Unternehmen an die Börse geführt, deren Geschäftsmodell rund um die Nutzung von Cannabis aufgebaut ist. Zwei von ihnen sind auch an deutschen Handelsplätzen gelistet: Aphria hat sich auf den Anbau von medizinisch genutztem Hanf spezialisiert.

Im jüngsten Quartal konnte die kanadische Gesellschaft mit dem Verkauf des extrahierten THC einen Nachsteuergewinn von umgerechnet 9,6 Millionen Euro erzielen.

Der Aktienkurs verdoppelte sich in den vergangenen drei Monaten. Sogar um 235 Prozent legte im selben Zeitraum die Aktie von Aurora Cannabis zu.

Der Hanfproduzent erzielte im vergangenen Quartal zwar nur einen Nettogewinn von knapp drei Millionen Euro, hat aber seine von Gewächshäusern geschützten Anbauflächen massiv ausgeweitet, weshalb Börsianer deutlich höhere Erträge in der Zukunft erwarten.

Nach den hohen Kursgewinnen der vergangenen Monaten könnten die Notierungen der Cannabis-Aktien in nächster Zeit zwar vorübergehend wieder fallen. Für langfristig orientierte Anleger dürfte sich ein Einstieg jedoch auszahlen, meinen Experten.

"Durch die zunehmende Legalisierung entsteht ein Milliardenmarkt für Cannabis-Produkte", sagt Markus Richert, Finanzplaner beim Vermögensverwalter Portfolio Concept in Frankfurt am Main.

Der US-Finanzdienstleister Cowen & Co. kommt in einer Studie zu dem Schluss, dass der Umsatz der legalen Hanfindustrie allein in den USA bis 2027 auf mehr als 50 Milliarden US-Dollar steigen wird.

Nüchterne Zeiten für Bierbrauer?

Leidtragende der Rauschmittellegalisierung könnten Bierbrauer und Spirituosenhersteller sein. "Erzeuger alkoholischer Getränke dürften unter Druck geraten", sagt Cowen-Analystin Vivien Azer. Denn eine Reihe von Verbrauchern dürften künftig ihren Alkoholkonsum zugunsten von Marihuana reduzieren.

Parallel zu den Kursgewinnen der Cannabis-Aktien sind deshalb seit Anfang November die Notierungen der Papiere von Brauereien wie Anheuser-Busch und Spirituosenherstellern wie Diageo gefallen.

Dem Abwärtstrend widersetzt hat sich die Aktie von Constellation Brands. Der US-Produzent von Bier, Tequila, Wein und Wodka plant, alkolische Mixgetränke mit Cannabis als Geschmacksrichtung anzubieten.

Finanzplaner Richert glaubt allerdings nicht, dass die Bier- und Schnapsproduzenten nun nüchternen Zeiten entgegengehen und ihre Aktienkurse dauerhaft sinken werden. "In Colorado, das den privaten Konsum als erster Bundesstaat vor zwei Jahren legalisierte, nahm der Verkauf von Alkohol seither sogar leicht zu."

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