Ärztezentrum ergänzt Kreiskrankenhaus

ASCHAFFENBURG. Sinnvolle Kooperation zum beiderseitigen Vorteil: Darauf hat sich das Kreiskrankenhaus Alzenau-Wasserlos mit niedergelassenen Fachärzten in der Region verständigt. Das 160-Betten-Haus in Nordbayern will Ärzte dazu bewegen, sich in einem neuen Ärztehaus in eigener Praxis an der Klinik niederzulassen. Im Juni 2009 soll der Bau, der in einer öffentlich-privaten Partnerschaft errichtet wird, bezugsfertig sein. Die Betreiber nehmen auch Rücksicht auf die Hausärzte vor Ort.

Von Jürgen Lutz Veröffentlicht:
Kooperation statt Konfrontation: Das Kreiskrankenhaus Alzenau-Wasserlos sucht die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten.

Kooperation statt Konfrontation: Das Kreiskrankenhaus Alzenau-Wasserlos sucht die Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten.

© Foto: do

Vielerorts ist die Stimmung zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken nicht gerade gut. Das liegt nicht zuletzt am Verhalten mancher Kliniken, die aggressiv Kassenarztsitze aufkaufen und Medizinische Versorgungszentren errichten. Praxischefs vor Ort machen sich zu Recht Sorge um die eigene Existenz.

Versorgung auf dem Land soll gesichert werden

Nicht so das Kreiskrankenhaus Alzenau-Wasserlos, das der Landkreis Aschaffenburg zu 100 Prozent betreibt. Dort steht den Verantwortlichen eher der Sinn nach Kooperation. Denn sie plagt schon seit längerem die Frage, wie die medizinische Versorgung der Bewohner auf Dauer zu gewährleisten ist. Der Grund: Die Fachärzte der Region konzentrieren sich vor allem in der kreisfreien Stadt Aschaffenburg. Da Stadt und Landkreis von der Kassenärztlichen Vereinigung aber als eine Einheit betrachtet werden und als überbelegt gelten, sind keine neuen Niederlassungen möglich.

Seit einigen Jahren ist der Landkreis daher bestrebt, mit Fachärzten Kooperationen zu schließen, die das medizinische Angebot in diesem Landstrich verbessern. Und das scheint zu gelingen: Die kardiologische Gemeinschaftspraxis Aschaffenburg hat 1997 ein Herzkatheter-Labor eingerichtet. 2004 kam dann die Radiologische Gemeinschaftspraxis Aschaffenburg dazu, die in Alzenau einen Computertomographen und einen Kernspintomographen betreibt. Beide Praxen haben durch die Kooperation eine gewisse Grundauslastung. Die Klinik selbst kann durch die Kooperation mit den Niedergelassenen Leistungen anbieten, die ohne diese nicht möglich wären.

Mit dem "Ärztehaus am Schlosspark" will das Krankenhaus die Kooperation mit den Niedergelassenen nun "auf eine neue Stufe heben", sagte Dr. Norbert Schupp, Krankenhausreferent des Landkreises, auf Anfrage der "Ärzte Zeitung". Bis zum Juni 2009 soll ein viergeschossiges Ärztezentrum mit einer Nutzfläche von 3300 Quadratmetern entstehen. 50 Prozent davon seien bereits vermietet oder reserviert. Mieter oder Interessent seien bislang ein Orthopäde, ein Chirurg, ein Augenarzt, ein Kiefer- und ein Neurochirurg, eine physiotherapeutische Praxis, eine Apotheke sowie ein Sanitätshaus.

Auf der Wunschliste des Landkreises stehen unter anderem: ein Urologe, ein HNO-Arzt sowie ein Gastroenterologe. Auch einen Anästhesisten sähe man gerne im Ärztehaus. Ein Allgemeinarzt soll nicht einziehen. Andere Hausärzte müssten sonst befürchten, dass ihre Patienten bei Überweisung an einen Facharzt des Zentrums mit dem Argument der "Versorgung aus einer Hand" abgeworben würden.

Betreiber geht beim Bau auch auf Wünsche der Ärzte ein

Die neuen Möglichkeiten will eventuell auch Dr. Christoph Ostermeier nutzen. Der erste niedergelassene Neurochirurg des Zulassungsbezirks kooperiert seit 2007 mit dem Krankenhaus. Von der Niederlassung im Ärztehaus verspricht sich der 42-Jährige, dessen Praxis derzeit 100 Meter vom Krankenhaus entfernt liegt, "noch mehr Synergie - etwa beim Röntgen und der Nutzung von Op-Möglichkeiten". Dem Konsiliararzt gefällt der "Grundgedanke hinter dem Konstrukt", er sei aber nicht bereit, "jeden Preis dafür zu zahlen."

Neue Wege geht das kleine unterfränkische Krankenhaus auch bei der Bewirtschaftung. Denn das Ärztehaus wird von dem privaten Bauunternehmen Adam Hörnig errichtet und auch betrieben. Dazu wurde der Firma für 60 Jahre ein Erbbaurecht eingeräumt. Etwa 6,5 Millionen Euro werden investiert. Damit das Ärztezentrum für möglichst viele Niedergelassene attraktiv wird, bietet das Baukonzept den Nutzern viel Flexibilität, wie Christian Hörnig, zuständig für die Immobilienvermietung, betont: "Die Praxen sind in Standardgrößen von 150 bis 215 Quadratmeter ausgelegt. Bei Bedarf können sie aber bis auf 850 Quadratmeter erweitert werden."

STICHWORT

Public Private Partnership (PPP)

Unter dem Begriff "Public Private Partnership" (Öffentlich-Private Partnerschaft) versteht man die Kooperation zwischen öffentlicher Verwaltung und Privatwirtschaft bei Aufgaben, die bislang in staatlicher Verantwortung lagen. Das reicht vom Entwurf über die Planung, Erstellung, Finanzierung bis hin zum Betrieb etwa von Projekten der Infrastruktur.

PPP nimmt auch im Gesundheitswesen zunehmend eine größere Rolle ein.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kooperation im Kleinen

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