Internationale medizinische Versorgung

Impulse aus München für eine bessere Weltgesundheit

Eine Krankenschwester in einem abgelegenen Dorf in Äthiopien wie auch ein Chefarzt einer Großstadt in Südamerika sind beide Stützen der jeweiligen medizinischen Versorgungsstruktur. Um deren Qualität zu erhöhen, schult die LMU in München Ärzte und anderes Gesundheitspersonal aus aller Welt.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:
Dr. Nyanda Ntinginya (2. v. l.) leitet das Mbeya Medical Research Centre (MMRC) im Südwesten Tansanias.

Dr. Nyanda Ntinginya (2. v. l.) leitet das Mbeya Medical Research Centre (MMRC) im Südwesten Tansanias.

© Joel Maboko

MÜNCHEN. Eine bessere medizinische Versorgung beginnt bei den Fachkräften. Davon gibt es aber gerade in Ländern mit geringen Einkommen oft viel zu wenige. Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München wirkt weltweit an Projekten mit, die das ändern sollen. "Wir sind alle überzeugt, dass der Aufbau medizinischer Versorgung, vor allem auch Ausbildung von Fachleuten in den betreffenden Ländern, eine der grundlegendsten und effizientesten Hilfen darstellt – Hilfe zur Selbsthilfe", so Professor Karl-Walter Jauch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des Klinikums, beim diesjährigen Jahresempfang.

Das jahrzehntelange Engagement wurde im 2009 eingerichteten Center for International Health (CIH) gebündelt. Dort kooperieren mehrere Fachabteilungen des Klinikums und Institute der Universität. "Die Vision des Center for International Health ist es, Gesundheitsfachkräfte zu stärken, und zwar sowohl die Dorfkrankenschwester in einem abgelegenen Dorf in Äthiopien, als auch den Chefarzt in einer Großstadt in Südamerika", so CIH-Mitgründerin und Vorsitzende Professor Katja Radon vom LMU-Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin.

Übergabe in die Eigenregie

Wie ein solcher Prozess laufen kann, veranschaulich das Mbeya Medical Research Centre (MMRC) im südwestlichen Tansania. Dort entwickeln heute über 160 Mitarbeiter Präventions-, Diagnose- und Therapiemaßnahmen für AIDS, Tuberkulose und Malaria. Ein wichtiger Bestandteil ist das Mbeya Regional Hospital. Im Einzugsgebiet in Südwest-Tansania leben 600 Millionen Menschen. Bereits 1988 gegründet, 2008 in eine staatliche Einrichtung umgewandelt, folgte 2012 bis 2015 eine besonders wichtige Phase. Die bis dahin von acht LMU-Mitarbeitern geleiteten MMRC-Abteilungen wurden tansanischen Kollegen übertragen. Die Abteilung für Tuberkulose übernahm damals der tansanische Arzt Dr. Nyanda Elias Ntinginya, der heute das MMRC leitet. Vor einigen Jahren hat er dort studiert, am CIH vor Kurzem promoviert. "Wir möchten die internationalen Kooperationen des MMRC weiter festigen, und zugleich Einheimische die Führung übernehmen lassen", so Ntinginya bei seinem Vortrag. Die Ausbildung weiterer Fachkräfte habe am Zentrum besonderen Stellenwert, das nun zudem am Aufbau neuer Zentren in Tansania mitwirkt.

Defizite auch in der Arbeitsmedizin

Weltweit ließe sich auch im Bereich Arbeitsgesundheit viel verbessern. "Arbeitsmedizin ist in der Zusammenarbeit oft ein Stiefkind", konstatierte Radon anlässlich der Tatsache, dass es in manchen Ländern fünf Mal so viele Arbeitsunfälle wie in Deutschland gibt – vor allem in Südamerika mit schnellem Wirtschaftswachstum und einer kaum regulierten Arbeitswelt. Der WHO zufolge sterben weltweit über zwei Millionen Menschen durch arbeitsbedingte Unfälle und Krankheiten. Viele Fälle wären vermeidbar.

Das CIH, so Radon, sehe aber inzwischen erste, positive Veränderungen durch bessere Ausbildung. Eine der Maßnahmen ist das mit Kooperationspartnern entwickelte Studium zum Master International Occupational Safety and Health. Fachkräfte aus 13 Ländern nahmen bisher teil. Ein Blended-Learning-Konzept verknüpft Online-Kurse, eigenständige Projektarbeit und Präsenzkurse. Um mehr Fachkräfte zu erreichen, werden parallel aber auch reine Online-Schulungen sowie Präsenzkurse angeboten. Lateinamerika, so Radons Fazit, erkenne die Wichtigkeit arbeitsmedizinischer Belange immer mehr. Inzwischen gebe es auch aus Afrika erste Anfragen.

Noch ein typisches Stiefkind: psychische Gesundheit. Das gilt auch für Äthiopien. "Es gibt ungefähr 900 Ärzte in Äthiopien, davon 34 Psychiater, und das für ein bevölkerungsreiches Land von mehr als 90 Millionen Einwohnern", berichtete CIH-Mitglied Dr. Kristina Adorjan von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Ärzte, die nicht ausgewandert seien, seien fast alle in Addis Abeba, ländliche Regionen dagegen komplett unterversorgt. Um etwas zur Abhilfe beizutragen, etablierte das CIH 2009 an der Jimma Universität einen neuen, zweijährigen Studiengang. In dem können Krankenschwestern oder kommunale Gesundheitsfachkräfte einen Master in Integrated Clinical and Community Mental Health machen. Bisher gibt es 42 Absolventen. Verteilt in ganz Äthiopien leiten sie nun Gesundheitszentren oder arbeiten in Flüchtlingscamps.

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