Medneo

Moderne Bilddiagnostik aus dem Schiffscontainer

Passt ein komplettes Radiologie-Labor in einen Schiffscontainer? Klar, sagt das Potsdamer Start-up-Unternehmen Medneo. Es bietet seine Container-Labore weltweit an - und macht damit dem MRT Beine.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Besucher schauen sich das mobile Röntgensystem am Klinikum in Potsdam an. Es kann in Containern weltweit verschifft werden.

Besucher schauen sich das mobile Röntgensystem am Klinikum in Potsdam an. Es kann in Containern weltweit verschifft werden.

© Ralf Hirschberger / dpa

POTSDAM. Radiologie-Geräte sind teuer und Radiologen rar. Das hat das Potsdamer Start-up Medneo zum Anlass für seine Entwicklung genommen. Es bietet unter dem Titel medneo modular weltweit radiologische Komplettlösungen an, die modular aufgebaut und telemedizinisch vernetzt sind.

Medneo modular will Bilddiagnostik unabhängig von der lokalen Infrastruktur ermöglichen, ohne dass dafür ärztliches oder medizintechnisches Personal vor Ort gebraucht wird. Dabei denken die Potsdamer Entwickler vor allem an Entwicklungs- und Schwellenländer.

Von den dorthin gelieferten medizintechnischen Geräten stehen nach Angaben von Medneo-Geschäftsführer André Glardon zwei Drittel still, weil die Experten fehlen, um sie korrekt zu bedienen.

Dieses Problem will Medneo telemedizinisch lösen. Die Radiologie bietet sich dazu aus Sicht der Entwickler an, weil die Endprodukte Bild und Befund ohnehin digital sind.

Perspektivisch sollen Radiologen aus Deutschland zum Beispiel Bilder aus Nigeria befunden. Mit dem Land steht Medneo bereits in Kontakt. Damit öffnet sich Ärzten hierzulande eine neue Einnahmequelle. "Ich bin überzeugt, dass deutsche Ärzte künftig auch aus dem Ausland Vergütungsanteile erhalten", sagte Glardon der "Ärzte Zeitung".

Per Internet mit Teleradiologie-Newerk verbunden

Materieller Kern von medneo modular ist ein Diagnostikzentrum in einem ISO-Schiffscontainer. Es kommt auf jedem Land- und Seeweg an sein Ziel.

Welche Diagnostikgeräte eingebaut werden, richtet sich nach dem lokalen Bedarf. Der Containerinhalt wird so weit vorgefertigt, dass das Zentrum innerhalb von drei Wochen in Betrieb gehen kann.

Die Diagnostikzentren im Ausland sollen dann über eine Internetverbindung in das Teleradiologie-Netzwerk von Medneo eingebunden werden.

Das Netzwerk umfasst nach Unternehmensangaben derzeit bundesweit 50 Radiologen aus Kliniken und Praxen. An der telemedizinischen Technologie wird noch gearbeitet. Sie soll im Idealfall einmal eine Fernsteuerung der Diagnostikcontainer ermöglichen, so dass vor Ort nur noch Personal zur Betreuung der Patienten und zur Versorgung von Notfällen gebraucht wird.

Den Untersuchungsablauf steuert dann ein Expertenzentrum in Deutschland mit ärztlichem und medizintechnischem Personal. Dieses Expertenzentrum wird in Potsdam zusammen mit dem Klinikum Ernst von Bergmann aufgebaut.

Im "Gesundheitspark" des Ernst von Bergmann Klinikums hat Medneo im Sommer sein Forschungs- und Entwicklungszentrum eröffnet. Es besteht aus 14 weitgereisten Schiffscontainern und dient auch als Referenzprojekt. Der Potsdamer Prototyp enthält einen Computertomografen (CT) und einen High-End-Magnetresonanztomografen.

Menschen in strukturschwachen Gebieten können besser versorgt werden

Derzeit baut Medneo bundesweit in mehreren Städten Zentren für radiologische Diagnostik auf, die von Ärzten vor Ort genutzt werden können.

Dabei setzt das Unternehmen auf standardisierte Abläufe und kundenfreundliche lange Öffnungszeiten. "Durch die hohe Auslastung sinken die Fixkosten für jeden einzelnen. Das ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll", sagt Glardon.

Das Start-up wird von verschiedenen, vor allem privaten Investoren gefördert. Beteiligt ist mit 400.000 Euro auch die Investitions- und Landesbank (ILB).

ILB-Vorstandschef Tillmann Stenger ist überzeugt von dem Geschäftsmodell, "da es nicht nur die Forschung im Bereich der Krankheitsdiagnostik voranbringt, sondern auch Strukturgefälle zwischen Kontinenten überbrückt". Menschen in strukturschwachen Gebieten könnten so besser versorgt werden.

Als "medizinische Hochtechnologie vom Feinsten" bezeichnet der Geschäftsführer der Zukunftsagentur Brandenburg, Steffen Kammradt, das Potsdamer Forschungs- und Entwicklungszentrum.

Das Projekt steht aus seiner Sicht zugleich für ein neues "Zauberwort in der Gesundheitswirtschaft: Translation". Von der Idee über die Entwicklung und Erprobung bis zum Einsatz übernimmt Medneo alles.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kommentar zu Radiologen: Hierzulande undenkbar?

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