Qualität

Arztnetze punkten und hoffen auf Förderung

Bei Praxisnetzen geht die Entwicklung weiter. Der Reifegrad wird höher, aber immer noch haben viele Netze keinen Vertrag, so der Netzmonitor.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:

BERLIN. Arztnetze werden immer professioneller. Das ist das Ergebnis des Netzmonitors von Berlin Chemie. Das Pharmaunternehmen hat dafür die Entwicklung von rund 80 Arztnetzen über fünf Jahre hinweg analysiert.

"Dass sich die Struktur- und Prozessqualität der Netze im Lauf der letzten fünf Jahre verbessert hat", stellte Mark Richter Regionalleiter der Abteilung Gesundheitsmanagement bei Berlin Chemie beim Kongress des Bundesverbands der Medizinischen Versorgungszentren (BMVZ) fest.

Der Reifegrad der beobachteten Netze ist demnach seit 2009 von 50 auf 60 Prozent gestiegen. Deutlich überdurchschnittlich haben sich nach Richters Angaben die Arztnetze im Osten Deutschlands entwickelt. Die höchste Netzqualität attestiert er jedoch den Netzen in Bayern und Baden-Württemberg.

"Nach unserer Einschätzung würden die 30 besten Netze durchaus in der Lage sein, die angestrebte Leistungserbringer-Eigenschaft auszufüllen", so Richter mit Blick auf die neue gesetzliche Rolle von Arztnetzen. Hintergrund: Als anerkannte Leistungserbringer könnten Netze Ärzte direkt anstellen.

Anträge auf Netzförderung nach Paragraf 87b SGB V haben nach seinen Angaben 32 Netze angekündigt. "Sie können diese Anerkennung mit großer Wahrscheinlichkeit auch erreichen", sagte Richter.

31 Prozent der Netze haben nach seinen Angaben inzwischen Verträge zur populationsbezogenen Versorgung mit Krankenkassen geschlossen. Dieser Anteil sei gestiegen, aber immer noch 40 Prozent der Netze hätten gar keine Verträge.

Die Entscheidung über die Teilnahme an den Verträgen haben laut Richter bei fast 70 Prozent der Netze die einzelnen Mitglieder. Aus diesem Grund sei es besonders wichtig, dass Verträge für die einzelnen Netzmitglieder attraktiv sind, wenn sie gelebt werden sollen.

Der aktuelle Netzmonitor erfasst insgesamt 130 Arztnetze. Rund ein Drittel von ihnen haben zwischen 50 und 100 Mitglieder. "Sie sind damit groß genug, um Versorgung regional zu steuern und zu organisieren, und sie können intern noch gesteuert werden, sind damit arbeitsfähig", so Richter. 40 Prozent der Netze vereinen weniger als 50 Mitglieder, immerhin 32 Netze versammeln mehr als 100 Mitglieder.

Telematik noch ausbaufähig

Kaum Veränderungen beobachtet der Netzmonitor bei Rechtsform und Führungsweise. Knapp 60 Prozent der Netze sind als Verein, etwa 40 Prozent als GbR oder GmbH organisiert. "Hier hat sich in den letzten fünf Jahren nichts geändert", sagte Richter.

Mit mehr als 60 Prozent wird immer noch der größte Teil der Netze ehrenamtlich geführt. Der Anteil der Netze mit hauptamtlicher Geschäftsführung liegt "seit Jahren stabil" bei gut einem Drittel.

Der Netzmonitor attestiert den Netzen auch gute Kommunikationsstrukturen. 96 von 118 Netzen haben eine eigene Website, etwa die Hälfte nutzt einen internen Newsletter. Die Telematikstrukturen erscheinen dagegen ausbaufähig. Gerade einmal elf Prozent der Netze arbeiten mit einer elektronischen Patientenakte (EPA), weitere acht Prozent mit IT-Vernetzung ohne EPA, und 13 Prozent erproben eine Vernetzung der Einzel-Praxisverwaltungssysteme.

"Es sind also Versorgungslösungen gefragt, die nicht zwingend einen elektronischen Datenaustausch der Ärzte erfordern", leitete Richter daraus ab. Selbst die Leuchttürme seien noch meilenweit davon entfernt, Patientenversorgung vollständig elektronisch abzubilden.

Handlungsbedarf sieht Richter auch beim Qualitätsmanagement (QM) der Netze. 30 Prozent der Netze arbeiten laut Netzmonitor mit Behandlungspfaden, zwölf Prozent mit Qualitätszirkeln, sieben Prozent mit Verordnungsdaten. Nur zwölf Prozent hätten ein extra Netz-QM. "Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess der Netzarbeit ist damit eher zufällig", so Richter.

Er verwies auf ein entsprechendes Unterstützungsangebot von Berlin Chemie. Über 80 Prozent der Netze arbeiten den Angaben zufolge mit der Industrie zusammen, jedes zweite davon auf vertraglicher Grundlage. Darauf zielt auch Berlin Chemie mit seiner Netzförderung hin. "Wir wollen Partner der Versorgung werden", sagte Richter.

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