Wettbewerbszentrale

Unternehmen missachten freie Kassenwahl

Arbeitgeber sollten ihren Mitarbeitern keine Kasse empfehlen. Schon kleinste Hinweise auf einen bevorzugten Kostenträger sind abmahnfähig.

Christoph WinnatVon Christoph Winnat Veröffentlicht:
TK, AOK und Co.: Arbeitnehmer dürfen sich ihre Krankenkasse selbst aussuchen.

TK, AOK und Co.: Arbeitnehmer dürfen sich ihre Krankenkasse selbst aussuchen.

©  Maurizio Gambarini / dpa

BAD HOMBURG. Die freie Kassenwahl ist unmittelbar im Sozialgesetzbuch V verankert. Mittelbar allerdings auch im Wettbewerbsrecht, das es Unternehmen untersagt, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher unzulässig zu beeinflussen (Paragraf 4a des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb).

Auf dieser Rechtsgrundlage mahnt die Bad Homburger Wettbewerbszentrale immer wieder Firmen ab, die ihren Mitarbeitern eine bestimmte Krankenkasse – mehr oder weniger nachdrücklich – ans Herz legen.

Aktuell gleich in vier Fällen, die verdeutlichen, dass auch schon die vergleichsweise leise arbeitgeberseitige Lobpreisung eines gesetzlichen Kostenträgers nicht in Ordnung ist.

Denn eine unzulässige Beeinflussung ergibt sich per se schon aus der Machtposition des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer, wie die Wettbewerbszentrale erläutert. "Letzterer wird zur Vermeidung etwaiger Nachteile in den meisten Fällen der Krankenkassenempfehlung seines Arbeitgebers folgen."

So hatte etwa die Deutsche Post bei ihren Mitarbeitern eine Kasse als zuverlässigen Partner beworben und den zwar unausgesprochenen, aber intendierten Wunsch nach Kassenwechsel mit einem Appell an die Solidarität der Belegschaft unterstrichen ("gemeinsam erreichen wir mehr").

In einem zweiten Fall hatte ein Personalvermittler seine Leute darauf hingewiesen, dass er mit einer bestimmten Kasse schon seit Jahren gut zusammenarbeite und ein Großteil der Mitarbeiter bereits dort versichert sei. Auch damit habe der Arbeitgeber seine Machtposition unzulässig ausgenutzt.

Wahlfreiheit der Arbeitnehmer ist zu respektieren

In weiteren Fällen hätten zwei Hotel- und Gaststättenverbände ihren Mitgliedern Personal-Kontakte nach Osteuropa versprochen, wenn die angeheuerten Mitarbeiter bei einer bestimmten Kasse versichert würden.

In sämtlichen Fällen hätten die abgemahnten Unternehmen sich verpflichtet, die Kassenbewerbung zu unterlassen "und die Wahlfreiheit der Arbeitnehmer zu respektieren".

Dies seien freilich keine Einzelfälle, so die Wettbewerbszentrale. In gleicher Sache habe man schon früher etwa mit Autobauern, dem Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer und sogar einem Universitätsklinikum gestritten. Letzteres habe es sogar auf einen Prozess ankommen lassen und erst angesichts einer drohenden Niederlage die geforderte Unterlassungserklärung abgegeben.

Christiane Köber, bei der Wettbewerbszentrale für Gesundheitswirtschaft verantwortlich, hält das Problem freilich für ungleich schwerwiegender, als es im eigenen Haus aufschlägt: "Wir gehen davon aus, dass es sich hier nur um die Spitze des Eisbergs handelt, weil es viele Arbeit-nehmer – aus guten Gründen – nicht wagen, sich über ihren Brötchengeber zu beschweren."

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