Bildgebung erschließt neue Horizonte

Volle Röhre: Die moderne Hochleistungsdiagnostik erschließt immer neue Horizonte. Ein Ende der stürmischen Entwicklung in der medizinischen Bildgebung ist nicht absehbar.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Herz-CT mit Flash Spiral Cardio mit einer niedrigen Dosis von 0.97 mSv.

Herz-CT mit Flash Spiral Cardio mit einer niedrigen Dosis von 0.97 mSv.

© Siemens AG

DÜSSELDORF. Es ist noch nicht so lange her, da galten die Möglichkeiten der modernen Bildgebung als weitgehend ausgereizt. Das war ein Irrtum.

Keine andere Disziplin hat sich so rasant weiterentwickelt.

Röntgenstrahlen, Magnetfelder, Schallwellen und Licht geben heute invasiv wie nicht-invasiv detaillierte Auskünfte über die Situation an Herz, Hirn und Knochen.

Ein Beispiel: Über 800.000 diagnostische Herzkatheter werden in Deutschland pro Jahr durchgeführt. Ist das nötig? Vielleicht nicht.

Zumindest auf diagnostischer Seite könnten sich künftig viele 10.000, möglicherweise sogar einige 100.000 invasive Untersuchungen einsparen lassen, wenn jene Patienten, die tatsächlich eine Gefäßintervention benötigen, mit einem nicht-invasiven Verfahren sicher erkannt werden könnten.

Potenter Ersatz für viele invasive Untersuchungen

Am besten klappt das derzeit mit einer CT-Untersuchung des Herzens. In einer kürzlich von Privatdozent Dr. Marc Dewey, Charité Berlin, und seinen Mitarbeitern publizierten Metaanalyse bezifferten die Experten die Sensitivität und Spezifität der Koronar-CT auf 97 beziehungsweise 87 Prozent. Und das ist nicht die Grenze.

CT-Geräte mit mehr als 16 Zeilen, die bei Neuinstallationen zunehmend Standard werden, erreichen noch deutlich höhere Werte. Neue CT-Geräte wie etwa die Dual Source-CT-Lösungen von Siemens oder das 320-Zeilen-CT Aquilion ONE von Toshiba verringern auch die Strahlenproblematik der CTUntersuchung deutlich.

Dewey selbst konnte das am Beispiel der 320-Zeilen-Geräte eindrucksvoll demonstrieren. Für eine konventionelle CT-Darstellung der Herzkranzgefäße wird mit einem solchen Gerät nur eine Strahlendosis von 4,2 mSv benötigt.

Koronar-CT als sinnvolle Eingangsdiagnostik

Das ist weniger als bei den meisten invasiven Angiografien. Anhänger der Koronar-CT haben deswegen eine Vision, die derzeit gleich in mehreren klinischen Studien überprüft wird: Bei Patienten, bei denen eine koronare Herzerkrankung zwar im Raum steht, die Wahrscheinlichkeit dafür aber gering ist, könnte die CT eine sinnvolle Eingangsdiagnostik sein.

Denn dann bliebe einem Großteil dieser Patienten eine invasive Untersuchung erspart. Wie am Herzen, so am Hirn. In der Schlaganfalldiagnostik hat sich die MRT-Untersuchung in den letzten Jahren deutlich in den Vordergrund gespielt.

MRT-Untersuchung kann zusätzlich Minderdurchblutung sichtbar machen

Während die CT-Untersuchung im Wesentlichen eine Blutung ausschließen kann, kann die MRT-Untersuchung zusätzlich eine Minderdurchblutung direkt sichtbar machen. "Sie erlaubt sogar gewisse Rückschlüsse auf das Alter eines ischämischen Schlaganfalls", betont Privatdozent Dr. Jochen Fiebach, ebenfalls Charité Berlin.

Was dem CT das 320-Zeilen-Gerät ist der MRT der 7-Tesla-Magnet. In Zusammenarbeit mit dem Max Delbrück-Zentrum Berlin-Buch untersuchen die Charité-Neurologen gerade in der 7-UP-Studie, ob Verengungen der Hirngefäße und Schlaganfallnarben mit einem 7-Tesla-Gerät besser darstellbar sind als mit einem auch schon recht kraftvollen 3-Tesla-Gerät.

Der Trend in der Bildgebung geht aber keineswegs nur in Richtung immer leistungsstärkerer Geräte. Auch die Zusammenführung von unterschiedlichen Bildgebungsmodalitäten ("Fusionsbildgebung") und nicht zuletzt der Einzug von immer anspruchsvollerer Bildgebung in die Operationssäle und Katheterlabors lässt sich beobachten.

Licht statt Röntgenstrahlen und Magnetfelder

Ein gutes Beispiel dafür ist die optische Kohärenztomografie (OCT), die weder mit Röntgenstrahlen noch mit Magnetfeldern, sondern schlicht mit Licht arbeitet. Es handelt sich um ein Verfahren, mit dem während eines Kathetereingriffs an einem Blutgefäß die genaue Struktur der Gefäßwand analysiert werden kann. Damit lässt sich beispielsweise direkt in eine atherosklerotische Plaque hineinschauen.

Eine ganz aktuelle Weiterentwicklung der OCT, die Mikro-OCT, treibt diese Art der Analytik in bisher unerreichte Dimensionen. Per Mikro-OCT können sogar subzelluläre Strukturen dargestellt werden.

Mit anderen Worten: Eine "Live-Mikroskopie" während eines Gefäßeingriffs rückt in den Bereich des Denkbaren.

Während der OP dreidimensionale Röntgenaufnahmen in Echtzeit

In Sachen Bildgebung bei invasiven Eingriffen gibt es bei der Medica 2011 sogar eine allerdings etwas anders geartete Weltpremiere: Gemeinsam mit dem Fraunhofer IPK hat das Unternehmen Ziehm Imaging einen Orbit genannten Prototypen eines 3D-Röntgengeräts entwickelt.

Dieser mobile C-Bogen, der ab 2012 systematisch evaluiert werden soll, ist so gebaut, dass er während einer Operation in Echtzeit dreidimensionale Röntgenaufnahmen von beispielsweise einem Knochenbruch oder einem Implantat erzeugen kann.

Dadurch kann der Chirurg Knochenfragmente oder Implantate noch genauer platzieren. Und nebenbei spart dieser Ansatz auch noch eine Menge Zeit, die sonst benötigt wird, um einen konventionellen C-Arm in ständig neue Positionen zu bringen.

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