Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie - was kann verbessert werden?

Das Bundesgesundheitsministerium setzt in seinem Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit auf elektronische Verordnungsassistenten.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

Zwischen 31 000 und 83 000 Menschen sterben alljährlich in Deutschland an den Folgen von unerwünschten Arzneimittelereignissen. Diese Zahl nannte Professor Bruno Müller-Oerlinghausen beim Hauptstadtkongress in Berlin.

Die Ursache sieht der ehemalige Vorsitzende der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft in inadäquaten Verordnungen. "Bei mehr als 55 000 zugelassenen Arzneimitteln ist es für den Behandler auch bei größter Kompetenz und Sorgfalt beinahe unmöglich, alle Aspekte der Arzneimittel-Therapie-Sicherheit zu bedenken", sagte Müller-Oerlinghausen. Digitale Therapieassistenten in der Praxis- oder Kliniksoftware könnten Ärzten helfen, bei der Verordnung von Arzneien auf unerwünschte Interaktionen von Wirkstoffen aufmerksam zu werden.

Den verstärkten Einsatz dieser Systeme fordert auch der Aktionsplan 2008/09 des Bundesgesundheitsministeriums zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit. "Konsequent angewendet können elektronische Verordnungsassistenten die Arzneimitteltherapie nachhaltig sicherer machen", sagte Müller-Oerlinghausen. Zudem ließen sich fünf bis 13 Prozent der Krankenhauseinweisungen vermeiden und im Gesundheitswesen jedes Jahr 500 Millionen Euro sparen, die auf unerwünschte Arzneimittelereignisse zurückgingen.

Seine Zahlen für Deutschland leitet Müller-Oerlinghausen aus US- Daten ab. Von Interaktionen gefährdet sind vor allem ältere Patienten, die zehn oder mehr Medikamente gleichzeitig einnehmen. Fehler resultierten aus immer komplexeren Therapieverfahren, sagte Müller-Oerlinghausen. Neue Arzneimittel verdrängten in immer kürzeren Zyklen bewährte Medikamente. Fachinformationen seien wenig hilfreich. So unterschieden sich die pharmakologischen Angaben auch bei wirkstoffgleichen Präparaten oft erheblich. Ein Stück weit mehr Sicherheit für den Arzt könne vor der Verordnung eine Untersuchung der Nierenfunktionsfähigkeit und das Abfragen aller vom Patienten eingenommenen OTC-Präparate schaffen.

Ärzte stehen dem unübersichtlichen Marktgeschehen nicht optimal vorbereitet gegenüber. Die unerwünschten Arzneimittelereignisse sollten daher eine breitere Rolle bei der Aus- und Weiterbildung von Ärzten spielen. Müller-Oerlinghausen forderte Ärzte auf, aktiv bei der Entwicklung einer intelligenten elektronischen Gesundheitskarte mitzuarbeiten, um die Informationslage der verordnenden Ärzte zu verbessern. Die KBV hinke dabei hinterher.

Mehr zum Thema
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

© Springer Medizin Verlag GmbH

AMNOG-Verfahren: Plädoyer für ein Update

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
In Deutschland gibt es immer weniger klinische Forschung. Was Deutschland hingegen zu leisten imstande ist, zeigte sich zuletzt bei der COVID-19-Pandemie: mRNA-basierte Impfstoffe wurden schnell entwickelt und produziert.

© metamorworks / stock.adobe.com

Handlungsempfehlungen

Deutschland-Tempo statt Bürokratie-Trägheit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Alexandra Bishop ist Geschäftsführerin von AstraZeneca Deutschland.

© AstraZeneca

Pharmastandort Deutschland

Deutlich mehr wäre möglich

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Verband forschender Pharma-Unternehmen (vfa)
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Willkommenskultur

Neu im Team? Was Praxen beim Onboarding beachten sollten

Lesetipps
Arzt untersuch das Knie eines Patienten

© gilaxia / Getty Images / iStock

Interview mit Leitlinien-Koordinator

Gonarthrose-Therapie: „Nur wenige Maßnahmen wirken“

Menschen laufen am Strand

© KOTO - stock.adobe.com

Nicht-medikamentöse Behandlung

Sport bei Kniegelenksarthrose? Move it or loose it!