AKW und Krebs - Regierung wartet ab

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BERLIN (fst). Nach Auffassung der Bundesregierung kann der im Umfeld von Atomkraftwerken beobachtete Anstieg von Krebserkrankungen "kausal nicht durch die Strahlenbelastung" erklärt werden.

Die Strahlenbelastung, heißt es in der der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion, "müsste durch den Betrieb der Atomkraftwerke in Deutschland mindestens um das 1000-fache höher sein, um den beobachteten Anstieg des Krebsrisikos erklären zu können".

Wissen wollten die Grünen, wie die Regierung die Ergebnisse der KIKK-Studie (Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken) bewertet. Dabei wurden die Daten von knapp 1600 krebskranken Kindern im Alter von unter fünf Jahren in der Umgebung von Reaktoren verglichen mit Daten von über 4700 gesunden gleichalten Kindern in derselben Region. Ergebnis: Krebskranke Kinder wohnen häufiger in der Nähe von AKW als gesunde Kinder.

In einem Radius von fünf Kilometern um die 16 AKW in Deutschland sind im Verlauf von 24 Jahren 77 statt der statistisch zu erwartenden 48 Krebserkrankungen aufgetreten. Allerdings mangelt es an plausiblen Erklärungen für die erhöhte Krebsrate. Auch methodisch der KIKK-Studie vergleichbare Untersuchungen liegen nach Kenntnis der Regierung nicht vor.

Ob zusätzliche Vorsorgemaßnahmen bei Kernkraftwerken als Ergebnis dieser Studie nötig sind, will die Bundesregierung erst entscheiden, wenn ein Bericht der zuständigen Strahlenschutzkommission vorliegt.

Filteranlagen halten nach Auskunft der Regierung "99 Prozent der Luft getragenen radioaktiven Stoffe zurück". Die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung würden "in der Praxis um mehr als den Faktor 100 unterschritten", eine erhöhte radioaktive Hintergrundstrahlung im Umfeld von AKW sei "nicht messbar".

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieg (IPPNW) haben sich dafür ausgesprochen, die Emissionsgrenzwerte für radioaktive Stoffe "kritisch zu prüfen" und dem aktuellen Forschungsstand anzupassen. Nötig seien auch Untersuchungen zu Erkrankungsraten bei über Fünfjährigen und bei Erwachsenen.

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