Antidepressivum ist Option bei Zwangsstörungen

FRANKFURT AM MAIN (ner). Das Antidepressivum Escitalopram (Cipralex®) ist jetzt auch zur Behandlung bei Zwangsstörungen zugelassen. Die Wirkung des Medikaments setzt bei vielen Patienten innerhalb von sechs Wochen ein.

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Studien zur Akuttherapie bei Zwangsstörungen hätten einen Nutzen von Clomipramin und selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) ergeben. Das hat Professor Naomi A. Fineberg aus Welwyn Garden City in Großbritannien berichtet. Ob diese Wirkungen jedoch auch über längere Zeit anhalten, ist kaum geklärt. In einer Placebo-kontrollierten Vergleichsstudie über 24 Wochen habe sich Escitalopram nun als mindestens ebenso wirksam und verträglich erwiesen wie Paroxetin, sagte Fineberg bei einer Veranstaltung von Lundbeck in Frankfurt am Main.

Teilgenommen hatten an der Studie 458 Patienten mit Zwangsstörungen, die 10 mg oder 20 mg Escitalopram, 40 mg Paroxetin oder Placebo erhielten. Mit Placebo reduzierten sich die Werte auf der 40-Punkte-Skala Y-BOCS um acht Punkte, mit den beiden Medikamenten in höchster Dosierung jedoch jeweils um fast zwölf Punkte. Bei etwa 70 Prozent der Patienten mit einem Verum gingen die Werte um 25 Prozent oder mehr zurück, mit Placebo nur bei etwa 50 Prozent der Patienten (Curr Med Res Opin 23, 2007, 701).

In einer weiteren Studie ließ sich mit Escitalopram die Rezidivrate langfristig reduzieren. 320 Patienten, die bereits 16 Wochen gut auf das Medikament angesprochen hatten, erhielten 24 Wochen lang Placebo oder das Medikament. Bei mehr als der Hälfte der Patienten in der Placebo-Gruppe kam es erneut zu starkem Zwangsverhalten, mit Verum jedoch nur bei 23 Prozent. Etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung benötigen nach Angaben von Professor Iver Hand aus Hamburg aufgrund von Zwangsstörungen eine Therapie. Außer Psychopharmaka seien Verhaltenstherapien gut wirksam. Allerdings sei es oft schwer, Patienten für eine solche Therapie zu motivieren.



STICHWORT

Y-BOC-Skala

Die Skala Y-BOCS (Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale) wird vor allem im englischsprachigen Raum verwendet, um die Intensität von Zwangsstörungen zu messen. Die Skala basiert auf halbstrukturierten Interviews mit insgesamt zehn Fragen. Gefragt wird in den Interviews zum Beispiel nach Häufigkeit und Dauer der Zwangsstörungen, dem Ausmaß der Behinderungen durch die Zwangsstörungen und wie gut die Patienten die Störungen kontrollieren können. Die Skala reicht von Null bis 40 Punkten (maximale Symptome). (ner/mut)

Die Y-BOC-Skala gibt es als PDF-Datei unter http://dop.hawaii.edu/resources/ybocs.pdf. Ein Test mit automatischer Auswertung ist möglich unter: http://www.brainphysics.com/ybocs.php

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