Appendizitis: Medikamente statt Messer?

Ein akut entzündeter Wurmfortsatz wird in der Regel operativ entfernt. Doch in vielen Fällen wäre die primäre Behandlung mit Antibiotika eine wirksame und sichere Alternative.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Konservativ: Op bei Appendizitis.

Konservativ: Op bei Appendizitis.

© UPI Photo / imago

NOTTINGHAM. Bei Patienten mit einer unkomplizierten akuten Appendizitis kann zunächst ein Therapieversuch mit Antibiotika unternommen werden. Einer Metaanalyse zufolge könnten dadurch die meisten Operationen vermieden werden, ohne dass eine Zunahme von Appendixperforationen zu befürchten wäre.

Die traditionelle Einschätzung ist, dass sich ohne Operation eine unkomplizierte Appendizitis häufig zu einer perforierten Appendizitis ausweitet.

Doch obwohl der Verdacht auf eine Appendizitis immer häufiger chirurgisch exploriert wird, hat sich an der Inzidenz der perforierten Appendizitis kaum etwas geändert. Zudem erweist sich der Wurmfortsatz bei vielen Eingriffen gar nicht als der Übeltäter.

Vor diesem Hintergrund haben Ärzte der Nottingham University Hospitals geprüft, inwieweit eine primäre Antibiotikatherapie eine Alternative zur sofortigen Operation darstellen könnte (BMJ 2012; 344: e2156).

Dazu haben sie vier randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 900 Patienten in einer Metaanalyse ausgewertet.

Von den Patienten mit Verdacht auf unkomplizierte Appendizitis waren 470 mit Antibiotika behandelt worden, in den ersten 24 bis 48 Stunden intravenös, danach für acht bis zehn Tage oral.

Bei 63 Prozent dieser Patienten war die Behandlung erfolgreich, das heißt, sie sprachen auf die Antibiotika an und entwickelten auch im folgenden Jahr keine erneuten Beschwerden, die eine Appendektomie erforderlich gemacht hätten.

Warten, beobachten und behandeln

Durch die medikamentöse Therapie wurde das Risiko für Komplikationen - perforierte / gangränöse Appendizitis, Peritonitis oder Wundinfektionen - im Vergleich zur sofortigen Operation um 31 Prozent gesenkt.

Wenn eine Studie mit Therapiewechslern nicht berücksichtigt wurde, betrug die relative Risikoreduktion sogar 39 Prozent. Der Unterschied kam vor allem durch die operationsbedingte Morbidität zustande.

Komplizierte Appendizitiden traten in beiden Gruppen vergleichbar häufig auf. Von den zunächst erfolgreich antibiotisch behandelten Patienten wurden 20 Prozent innerhalb eines Jahres wegen erneuter Beschwerden nochmals ins Krankenhaus eingewiesen und dann in der Regel auch operiert. Bei jedem fünften Patienten bestand zu dieser Zeit eine komplizierte Appendizitis.

Die Studienautoren schließen daraus, dass eine primäre Antibiotikatherapie die Komplikationsrate bei unkomplizierten Appendizitiden senken kann.

Bei einem Versagen der Antibiotikabehandlung und verzögerter chirurgischer Sanierung sei keine Zunahme von Appendixperforationen zu erwarten.

Sie sprechen sich daher bei Patienten mit Verdacht auf eine unkomplizierte Appendizitis oder mit unsicherer Diagnose für die Strategie "wait, watch and treat" aus - also für Abwarten, Überwachen und Antibiotikagabe.

Das gilt natürlich nicht bei eindeutigen Zeichen einer Perforation oder einer Peritonitis; hier bleibt die sofortige Operation der Goldstandard.

Quelle: www.springermedizin.de

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