Arzneien im Fokus - Ärzte klären auf

KÖLN (iss). Mit einer Informationskampagne wollen Ärzte, Apotheker, Betriebskrankenkassen (BKK) und Selbsthilfegruppen in Dortmund und Hamm auf die Risiken des mißbräuchlichen Umgangs mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln aufmerksam machen. "Es ist wichtig, daß alle Akteure im Gesundheitswesen an einem Strang ziehen", sagte Michael Bellwinkel, Referatsleiter Gesundheitsförderung und Prävention des BKK-Bundesverbands.

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Die Initiative geht zurück auf ein Modellprojekt des Verbands und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Dort wurde versucht, Selbsthilfegruppen zum Thema Medikamentenabhängigkeit zu entwickeln. Das Problem war, daß sich die Betroffenen nicht als süchtig empfinden und deshalb nicht erreicht wurden, berichtete Bellwinkel.

"Wir müssen bei den Beschwerdebildern ansetzen", sagte er. Nervosität, Depressionen, Unruhe, Schlafstörungen, Ängste und Panikattacken seien häufig Anlaß für die Einnahme von Schlaf- und Beruhigungsmitteln.

Kampagne will Betroffene nicht bloßstellen

"Wir wollen die Betroffenen erreichen, ohne sie zu stigmatisieren oder bloßzustellen", so Bellwinkel. Gleichzeitig gehe es darum, präventiv zu wirken und das Entstehen von Abhängigkeiten zu vermeiden.

Erreicht werden soll das durch das Auslegen von speziellem Informationsmaterial wie der Broschüre "Immer mit der Ruhe ..." der DHS in Arztpraxen und Apotheken, spezielle Schulungen für die Heilberufe oder Informationsabende in Selbsthilfegruppen.

Weitere Maßnahmen, die in Dortmund und Hamm erprobt werden, sind die gezielte Sozialberatung und Gesundheitsförderung in Betrieben und die Sensibilisierung einer breiten Öffentlichkeit. Die DHS-Broschüre erläutert die Wirkung der Schlaf- und Beruhigungsmittel und nennt Regeln für den Umgang mit ihnen. Leser finden dort auch eine Liste mit Handelsnamen, Wirkstoffe und Wirkungsdauer der Mittel sowie Kontaktadressen.

Ärzte unterstützen das Präventionsprojekt

"Als Ärzteschaft haben wir uns dieses Themas schon immer angenommen", sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe Dr. Ulrich Thamer. Als Beispiele nannte er spezielle Fortbildungen und die Aufnahme des Themas in die Pharmakotherapieberatung. Man wolle nun erproben, Vertreter der Selbsthilfe in ärztliche Qualitätszirkel zu holen.

"Wir versprechen uns eine Schärfung des Problembewußtseins bei Ärzten, wenn Patienten ihre Sicht schildern." Es gehe nicht um die Verteufelung bestimmter Wirkstoffgruppen, betonte Thamer. Schließlich seien diese bei bestimmten Indikationen eine angemessene Therapie. Ziel der Aufklärung sei die sachgemäße Anwendung dieser Mittel, sagte er. In Dortmund und Hamm beteiligen sich 209 Apotheken an der Informationskampagne.

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