Auf ihrem Lieblingspferd fühlen sich die Patienten plötzlich ganz leicht

Von Heidi Niemann Veröffentlicht:

Mit einer Hand stützt sich Frank am Rollstuhl ab. Mit der anderen hat er den Striegel gefaßt und streicht damit immer wieder sorgfältig über das Fell des Pferdes. An Franks strahlendem Gesicht kann man ablesen, daß die kreisförmigen massierenden Bewegungen nicht nur dem Reittier gefallen. Auch für den Jungen ist dies eine Art "Wellness-Programm".

Den anderen Kindern geht es ebenso: Sie sind jeden Morgen begeistert dabei, wenn es darum geht, die Pferde für die täglichen Reitstunden zu präparieren. Eine Woche lang verbringen die 18 Kinder auf dem Reiterhof Hirschberg im nordhessischen Großalmerode einen unbeschwerten "Urlaub vom Schmerz". Die meisten Kinder sind Patienten der onkologischen Stationen der Universitätskinderkliniken in Köln und Bonn, einige von ihnen werden auch von ihren Geschwistern begleitet.

Für die Mädchen und Jungen im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren ist der Aufenthalt auf dem idyllischen Reiterhof entspannend und aufregend zugleich. Hier können sie so viel unternehmen und erleben, daß sie die anstrengenden Klinikaufenthalte und Therapien vergessen, die sie vorher hinter sich gebracht haben.

Eingeladen zu der Freizeit hat sie der Aachener Arzeimittel-Hersteller Grünenthal GmbH. Seit über zehn Jahren finanziert das Unternehmen diese Reiterfreizeiten für krebskranke Kinder und produziert damit jeden Sommer eine Woche Glück. Betreut werden die Kinder während ihres Aufenthalts auf dem Reiterhof von drei Krankenschwestern, einem Zivildienstleistenden, zwei Erziehern und einem Sozialarbeiter.

Vor allem der Kontakt mit den vielen Tieren auf dem Hof begeistert die Kinder. Auch wenn die Pferde das absolut "Größte" sind, haben sie auch andere Hofbewohner in ihr Herz geschlossen und freuen sich riesig, daß sie zum Beispiel die Schweine füttern dürfen. "Das ist immer einer der Höhepunkte des Tages", erzählt Erzieherin Andrea Tepe. Außer einem Hund, mehreren Katzen und Kaninchen sind auch ein Kamel, ein Lama und ein Pfau auf dem Gelände. Besonders beliebt sind die Meerschweinchen. Deren Stall ist so konstruiert, daß sich in dem einen Teil bis zu vier Kinder mit hineinsetzen können. Wenn nicht gerade Reitstunden auf dem Programm stehen, ist der Stall fast immer von den Kindern "belegt". Wenn es den Meerschweinchen zu viel wird, können sie sich in den anderen Teil des Stalles flüchten.

Im Mittelpunkt stehen aber die vielen Pferde. Vom kleinen Pony bis zum großen Reitpferd ist alles vertreten. Alle Pferde sind an Kinder gewöhnt. Die Betreuer staunen immer wieder über die Unbefangenheit, mit der die Kinder mit den Tieren umgehen: "Sie haben überhaupt keine Angst vor den Pferden", sagt Sozialarbeiter Matthias Vogt. Auch keine Berührungsängste.

Elmar und Richard zum Beispiel pulen ausgiebig die Klümpchen heraus, die sich in dem Schweif des Pferdes angesammelt haben, das sie sich für die heutige Reitstunde ausgesucht haben. Katrin und Lea, zwei kleine Mädchen mit blonden Zöpfen, probieren stattdessen ihre Flechtkunst an der Mähne eines Ponys aus.

Auch wenn sie in anderen Bereichen vielleicht weniger ordentlich sind: Beim Putzen der Pferde strengen sich alle Kinder an, striegeln das Fell und kratzen die Hufe aus.

"Da ist ja gar nichts drinne", ruft Hanna fast ein wenig enttäuscht, weil sich bei ihrem Pferd kein Dreck angesammelt hat. Beim Aufsatteln der Pferde und Anlegen des Zaumzeugs helfen die Betreuer und die Reitlehrerin mit. Nachdem auch die letzten jungen Reiter ihre Helme aufgesetzt haben, führen immer zwei Kinder ihr Pferd zum Reitunterricht.

Wegen des schlechten Wetters können sie diesmal nur in der Halle trainieren. Eifrig befolgen sie die Anweisungen der Reitlehrerin: "Gerade sitzen und Abstand halten, und nur die Zehenspitzen sind in den Steigbügeln!"

Auch Frank, der Junge aus dem Rollstuhl, sitzt jetzt im Sattel und strahlt über das ganze Gesicht. Er genießt den warmen Rücken und die Bewegungen des Pferdes unter sich. Als das Kommando kommt "Arme nach oben strecken!", hebt er die Arme himmelwärts. Dann kommt die Übung "Arme zur Seite". Mit den ausgebreiteten Armen sieht er jetzt fast so aus, als würde er fliegen - ein Gefühl von Leichtigkeit nach einer schweren Zeit.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: FIB-4 1,3: numerische 26%ige Risikoreduktion der 3-Punkt-MACE durch Semaglutid 2,4mg

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [17]

Kardiovaskuläre, renale und hepatische Komorbiditäten

Therapie der Adipositas – mehr als Gewichtsabnahme

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Durvalumab im Real-World-Vergleich

© Springer Medizin Verlag

ED-SCLC

Durvalumab im Real-World-Vergleich

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neuerungen

Das gilt 2026 bei Abrechnung und Honorar

Lesetipps
Eine Person hält drei Figuren in den Händen

© Suriyo/stock.adobe.com

Man kann nicht nicht führen

Mitarbeiterführung in der Arztpraxis: Tipps für Praxisinhaber

Frau telefoniert

© Matthias Balk / picture alliance

Kontakt mit Patienten

Arztpraxis ohne Telefon: Kann das funktionieren?