Arzneimittelreport

BARMER kritisiert Impflücke gegen Herpes zoster als „inakzeptabel“

20 Millionen Menschen über 60 Jahre sind nicht oder unvollständig gegen Herpes zoster geimpft, geht aus dem BARMER-Arzneimittelreport hervor. Kassenchef Straub betont, Impfen sei eine „ärztliche Aufgabe“.

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Mit dem Arzneimittelreport werden für Deutschland erstmals „Real-Life“-Daten zur Wirksamkeit der Impfung gegen Herpes zoster vorgestellt: BARMER-Vorstandschef Professor Christoph Straub.

Mit dem Arzneimittelreport werden für Deutschland erstmals „Real-Life“-Daten zur Wirksamkeit der Impfung gegen Herpes zoster vorgestellt: BARMER-Vorstandschef Professor Christoph Straub.

© Johannes Simon/SZ Photo/picture alliance

Berlin. In Deutschland sind rund 20 Millionen Menschen ab 60 Jahren nicht gegen das Herpes-zoster-Virus (HZV) geimpft – obwohl die Impfung seit Mai 2019 von den gesetzlichen Krankenkassen getragen wird. Das geht aus dem Arzneimittelreport 2025 der BARMER hervor, der am Donnerstag vorgestellt worden ist. Anspruch auf die Impfung haben auch jüngere GKV-Versicherte mit bestimmten Vorerkrankungen.

Der Anteil der 60-Jährigen, die im Jahr 2023 eine Erstimpfung gegen HZV erhalten hat, beläuft sich auf nur 7,4 Prozent. Bei den 60- bis 69-Jährigen sind im Zeitraum von 2019 bis 2023 insgesamt 19 Prozent dieser Kohorte vollständig geimpft worden. Der Höchstwert wird in der Gruppe der 70- bis 79-Jährigen erreicht – dort sind laut BARMER-Report 25,8 Prozent geimpft. Bei den über 80-Jährigen beträgt die Impfquote gegen HZV nur 19,7 Prozent. Die STIKO empfiehlt diese Impfung ab dem Alter von 60 Jahre seit Dezember 2018.

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Untersucht wurde für den Report das Impfverhalten in 8.648 Praxen, die mindestens 50 Versicherte der Kasse ab 60 Jahren behandelt haben. Die Unterschiede sind markant: Demnach gab es 134 Praxen, die keine einzige HZV-Impfung vorgenommen haben. Am anderen Ende Skala finden sich Arztpraxen, denen es gelang, 88 Prozent ihrer anspruchsberechtigten Patienten zu impfen.

„Hat viel mit Praxisorganisation zu tun“

BARMER-Vorstandschef Professor Christoph Straub zeigte sich ungehalten über dieses Ergebnis: „Ob einem Patienten die indizierte Impfung angeboten wird, darf nicht davon abhängen, zu welchem Hausarzt er geht“, so der Mediziner. Die Unterschiede seien „inakzeptabel“.

Mit Blick auf die Diskussion über Impfungen in Apotheken betonte Straub, Impfen sei eine „ärztliche Aufgabe“. Zudem fehlten dort, wo Hausarztpraxen rar sind, in der Regel auch Apotheken. Hohe Impfquoten zu realisieren, habe viel mit „Praxisorganisation und gelebtem Qualitätsmanagement zu tun“, sagte Straub.

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Die niedrigen Impfquoten könnten nicht mit einer grundsätzlichen Zurückhaltung gegenüber der HZV-Imfpung erklärt werden, so der BARMER-Chef. Denn die Analysen ließen erkennen, dass Praxen mit geringer HZV-Impfquote meistens auch seltener gegen Influenza impfen – und die Grippe-Schutzimpfung sei allgemein gut akzeptiert.

Professor Daniel Grandt, Chefarzt am Klinikum Saarbrücken, verwies bei der Vorstellung des Berichts darauf, dass jährlich etwa einer von 100 Menschen ab 60 Jahren an Herpes zoster erkrankt. Laut einer in diesem Jahr publizierten finnischen Studie ist jeder dritte Mensch während seines Lebens von Herpes zoster betroffen, bei den mindestens 85-Jährigen seien es sogar vier von zehn, so Grandt.

Erkrankungsrisiko um zwei Drittel reduziert

Grandt verwies auf Zahlen des Arneimittelreports, wonach jeder siebte an Herpes zoster Erkrankte über 60 Jahre eine für Wochen bis Monate anhaltende postherpetische Neuralgie entwickele. Insgesamt jeder 20. Erkrankte müsse im Krankenhaus behandelt werden.

Mit dem Kassen-Report würden erstmals für Deutschland „Real-Life“-Daten zur Wirksamkeit der HZV-Impfung vorgestellt. Danach wird durch die Impfung das Erkrankungsrisiko um zwei Drittel (64 Prozent) reduziert. Dieser Wert stimme mit der Analyse von Versicherungsdaten aus den USA überein, betonte Grandt. Nach seinen Angaben wurde in den Zulassungsstudien für die Impfung von einer Schutzwirkung von mehr als 90 Prozent berichtet. (fst)

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