Multiple Sklerose

Bluttest auf Mikro-RNAs könnte MS-Diagnose vereinfachen

Mit einem Test auf vier unterschiedliche Mikro-RNAs im Serum lässt sich eine MS recht präzise diagnostizieren. In einer ersten Studie kamen Forscher auf eine Spezifität von 90 Prozent bei einer Sensitivität von 84 Prozent.

Thomas MüllerVon Thomas Müller Veröffentlicht:
Multiple Sklerose: Mit vier miRNA soll ein sensitiver Bluttest möglich sein.

Multiple Sklerose: Mit vier miRNA soll ein sensitiver Bluttest möglich sein.

© Esther Hildebrandt / Stock.adobe.com

Porto. Die MS-Diagnostik ist noch immer recht aufwändig, erfordert mitunter wiederholte MRT-Scans, klinische Untersuchungen sowie Liquoranalysen. Da ein früher Therapiestart sehr wichtig ist, um den Verlauf zu bremsen und Behinderungen zu vermeiden, wäre eine simplere und präzisere Diagnostik wünschenswert, etwa über einen einfachen Bluttest, erläuterte Dr. Bárbara Leal von der Universität in Porto in Portugal. Ihr Team hat einen solchen Test basierend auf einem Panel von vier verschiedenen Mikro-RNAs entwickelt und Resultate einer ersten Evaluierung beim virtuellen Kongress der European Academy of Neurology (EAN) vorgestellt.

Mikro-RNAs (miRNA) sind als kleine, nichtkodierende Nukleinsäuren an der Genregulation beteiligt. Da viele Krankheiten mit einer veränderten Genexpression einhergehen, könnten über ausgewählte miRNA ein spezifischer Nachweis einzelner Erkrankungen ebenso wie Aussagen zur Schwere und zum Verlauf möglich sein, erläuterte die Neurologin. Vorteilhaft seien zudem die relativ hohe Stabilität der miRNA und ihre gute Nachweisbarkeit in diversen Körperflüssigkeiten.

Die vier miRNAs im Überblick

Das Team um Leal konzentrierte sich für den MS-Test auf vier miRNA im Serum. Deren Konzentrationen verglichen die Forscher bei 84 MS-Kranken und 42 gesunden Kontrollpersonen. Alle vier miRNA haben mit Entzündungsprozessen zu tun:

  • miR-146a wird bei MS hochreguliert und dämpft Entzündungsreaktionen. Im Schnitt sind die Werte bei MS-Kranken doppelt so hoch wie bei Gesunden.
  • miR-155 ist bei MS ebenfalls deutlich hochreguliert, treibt aber die Inflammation voran. Die Forscher um Leal stellten bei MS-Kranken sechsfach höhere Werte als bei Gesunden fest.
  • miR-21 ist zum einen für die Integrität der Blut-Hirn-Schranke wichtig, verstärkt aber auch Entzündungsprozesse. Die Serumkonzentrationen sind bei MS-Kranken im Vergleich zu Gesunden nur halb so hoch.
  • miR-22 moduliert die Inflammasomen-Aktivierung in Mikrogliazellen und wird bei MS-Kranken stark herunterreguliert. Die Serumkonzentrationen erreichen rund ein Sechstel der Werte von Gesunden.

Gemeinsam zur Diagnose geeignet

Jede miRNA für sich genommen ist zur MS-Diagnose ungeeignet – die AUC-Werte liegen zwischen 0,51 und 0,77. Zusammen wird jedoch ein AUC-Wert von 0,94 erreicht, was sich in eine Sensitivität von 84 Prozent bei einer Spezifität von 90 Prozent übersetzen lässt. Ein Panel mit diesen vier miRNA sei daher sehr gut zur MS-Serumdiagnostik geeignet, erläuterte die Neurologin.

Natürlich muss das Panel nun in wesentlich größeren Studien evaluiert werden, auch sollte damit eine gute Abgrenzung gegen andere ZNS-Erkrankungen möglich sein, was es ebenfalls noch zu zeigen gilt. Besonders wichtig wäre natürlich eine gute Aussagekraft bei einem ersten klinischen Ereignis und nicht erst bei schon lange erkrankten Patienten. Das Team um Leal versucht, diese Fragen nun in weiteren Untersuchungen zu klären.

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