Hypertonie

Das erwartet Hochdruck-Patienten langfristig

Trotz moderner Therapien erkranken Hypertoniker langfristig immer noch viel häufiger an kardiovaskulären Erkrankungen als Menschen ohne Bluthochdruck. Das belegt jetzt eine Analyse britischer Forscher von 1,2 Millionen Krankenakten.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Eine Langzeitblutdruckmessung und ein Langzeit-EKG werden vorbereitet. Die Versorgung bei Hypertonie reicht bisher nach Studiendaten nicht aus.

Eine Langzeitblutdruckmessung und ein Langzeit-EKG werden vorbereitet. Die Versorgung bei Hypertonie reicht bisher nach Studiendaten nicht aus.

© Klaus Rose

LONDON. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind auch unter den aktuellen Versorgungsbedingungen bei Patienten mit Bluthochdruck deutlich häufiger als bei Patienten mit normalem Blutdruck: Das Lebenszeitrisiko für einen 30-jährigen Hypertoniker beträgt 63 Prozent - im Vergleich zu 46 Prozent für einen gesunden Gleichaltrigen.

Das ist ein zentrales Ergebnis einer jetzt veröffentlichten Studie, für die Londoner Wissenschaftler um Dr. Eleni Rapsomaniki vom Farr Institute of Health Informatics Research mehr als 1,25 Millionen elektronische Patientenakten analysiert haben (Lancet 2014; 383: 1899).

Die Patienten waren zu Beginn mindestens 30 Jahre alt und frei von Herz-Kreislauf-Erkrankungen gewesen. Bei jedem Dritten hatte der Blutdruck bei 140/90 mmHg und mehr gelegen, jeder Fünfte war antihypertensiv behandelt worden.

Wie sich das auf die Prognose auswirkte, wurde für zwölf akute und chronische kardiovaskuläre Erkrankungen untersucht: stabile und instabile Angina, Herzinfarkt, KHK-Tod, Herzinsuffizienz, plötzlichen Herztod, TIA, ischämischen Schlaganfall, Subarachnoidalblutung, intrazerebrale Blutung, PAVK und abdominales Aortenaneurysma.

Insgesamt 83.089 derartige Komplikationen waren während der medianen Beobachtungszeit von fünf Jahren aufgetreten.

Das niedrigste Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis hatten in allen Altersgruppen Patienten mit einem systolischen Blutdruck zwischen 90 und 114 mmHg und einem diastolischen Druck zwischen 60 und 74 mmHg. Dabei fand sich keinerlei Hinweis auf eine J-Kurve, also auf einen Wiederanstieg der Ereignisrate bei niedrigen Drücken.

Im Hinblick auf die einzelnen Erkrankungen wirkten sich erhöhte Blutdruckwerte sehr unterschiedlich aus: Ein Anstieg des systolischen Blutdrucks um 20 mmHg erhöhte das Gesamtrisiko um 26 Prozent.

Dabei waren die größten Steigerungen bei instabiler Angina (plus 41 Prozent), Subarachnoidalblutungen (plus 43 Prozent) und intrazerebralen Blutungen (plus 44 Prozent) zu verzeichnen; am wenigsten wurde das Risiko für Bauchaortenaneurysmen erhöht (plus 8 Prozent).

Ein erhöhter systolischer Wert förderte stärker als ein erhöhter diastolischer Wert das Auftreten von Angina pectoris, Herzinfarkt, PAVK und kardiovaskulären Erkrankungen insgesamt. Bauchaortenaneurysmen wurden dagegen durch einen diastolischen Hochdruck stärker begünstigt. Mit dem Alter wurde der Zusammenhang zwischen Blutdruck und allen Erkrankungen schwächer.

Für Hochdruckpatienten im Alter von 30 Jahren errechnen die Studienautoren eine Lebenszeitinzidenz an kardiovaskulären Erkrankungen von 63,1 Prozent. Die Rate liegt damit absolut um 17,2 Prozentpunkte höher als bei 30-Jährigen mit normalem Blutdruck.

Die jungen Hypertoniker erkranken außerdem fünf Jahre früher; der Verlust an krankheitsfreien Lebensjahren ist bei ihnen vor allem durch stabile und instabile Angina pectoris verschuldet (43 Prozent der Fälle). 60-Jährigen raubt ein Bluthochdruck dagegen nur 3,4 und 80-Jährigen nur noch 1,6 krankheitsfreie Jahre; als Ursache tritt in hohem Alter die Herzinsuffizienz in den Vordergrund.

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