Daten zu Folsäure unter der Lupe

BRISTOL/HAMBURG (ner). Die Ergebnisse einer schottischen Studie deuten auf den ersten Blick darauf hin, daß bei Frauen, die Folsäure-Präparate eingenommen haben, das Brustkrebs-Risiko erhöht ist. Experten bezweifeln aber die Aussagekraft dieser Untersuchung.

Veröffentlicht:

In der Studie waren von knapp 3000 Frauen, die zwischen 1966 und 1967 Placebo-kontrolliert 0,2 oder 5 mg Folsäure während der Schwangerschaft eingenommen hatten, bis 2002 insgesamt 112 an Krebs gestorben, davon 31 an einem Mammakarzinom (BMJ 329, 2004, 1375).

Die Arbeitsgruppe um Dr. Andy R. Ness aus Bristol errechnete aus den vorliegenden Daten für die Frauen mit 5 mg Folsäure täglich ein doppelt so hohes Mammakarzinom-Risiko wie bei den unbehandelten Frauen. Aufgrund der geringen Fallzahl war das Resultat aber nicht signifikant.

Der Hamburger Hämatologe Dr. Ulrich R. Kleeberg hält eine unkritische Übermittlung solcher Daten angesichts der immer noch unzureichenden Folsäure-Versorgung in der Bevölkerung für riskant.

Bei genauer Betrachtung der Studiendaten sei die Schlußfolgerung, daß Folsäure das Brustkrebs-Risiko erhöht, nicht zulässig, zumal die Studie unter einer ganz anderen Fragestellung, nämlich der Prävention von Neuralrohrdefekten bei Neugeborenen, konzipiert gewesen sei, schreibt Kleeberg in einem Kommentar (InFo Onkologie 8, 2005, 39).

Er zitiert eine Fallkontrollstudie mit 2700 Frauen, die genau das Gegenteil, nämlich eine inverse Korrelation zwischen Folsäure-Spiegel und Mammakarzinom-Risiko, ergeben habe. In Tierversuchen resultierte die Folsäure-Fütterung in einem signifikanten Schutz vor dem Mammakarzinom. Kommentatoren im BMJ äußerten sich ähnlich.

Perikonzeptionell eingenommene Folsäure verhindert außer Neuralrohrdefekten auch das Risiko für Lippen-, Kiefer-, Gaumenspalten und vermindert die Inzidenz angeborener Herzfehler. Zudem gilt die unzureichende Folsäureaufnahme in der Bevölkerung als eine der Ursachen für Hyperhomocysteinämie, einem anerkannten kardiovaskulären Risikofaktor. Deshalb ist die Folsäure-Anreicherung von Lebensmitteln in einigen Ländern wie den USA bereits gesetzlich vorgeschrieben.

Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sie fragen – Experten antworten

Kein Einzelimpfstoff gegen Pertussis verfügbar: Wie also Schwangere impfen?

Traumatologie

Bienenstich in die Hornhaut: Schnell raus mit dem Stachel!

Lesetipps
Ein älterer Mann liegt im Krankenbett und hält die Hand einer Frau

© Photographee.eu - stock.adobe.com

Palliativmedizin

Was bei starker Unruhe am Lebensende hilft

Ein junger Fuchs im Wald

© Thomas Warnack/dpa

Alveoläre Echinokokkose

Fuchsbandwurm-Infektionen sind wohl häufiger als gedacht