Der "Patient Navigator" bahnt den Weg zur Darmkrebsvorsorge

Wie können Menschen vom Nutzen der Darmkrebsvorsorge überzeugt werden? In New York City hat man mit Blick auf dieses Problem gute Erfahrungen mit sogenannten "Patient Navigators" gemacht.

Von Claudia Pieper Veröffentlicht:

Allein in New York City starben im Jahr 2003 rund 1600 Einwohner an Darmkrebs. Viele dieser Todesfälle hätten mit frühzeitiger Prävention verhindert werden können, doch nur 42 Prozent der über 50-jährigen New Yorker unterzogen sich im Jahr 2003 einer Vorsorgeuntersuchung.

Die Stadt ging in die Offensive: Sie gründete die "Citywide Colon Cancer Control Coalition (C5)", eine Partnerschaft zwischen Gesundheitsbehörde, Leistungsanbietern, Forschern und Patientenvertretern. Das Ziel: mehr Menschen sollen von der Darmkrebsvorsorge überzeugt werden. Im Rahmen der Initiative wurde zum einen Nichtversicherten Zugang zu kostenfreien oder nur mit geringen Gebühren verbundenen Koloskopien verschafft. Zum anderen half eine Medienkampagne - mit Broschüren in Arztpraxen und Gemeindezentren -, die Bürger über den Nutzen des Screenings zu informieren.

Eine Herausforderung blieb jedoch: Viele der Patienten, die einen Koloskopie-Termin hatten, nahmen ihn nicht wahr. Im Lincoln Medical Center in der South Bronx blieben zum Beispiel 67 Prozent der Patienten der Untersuchung fern. Dies war einer der Gründe, sogenannte "Patient Navigators" einzusetzen.

"Unsere wichtigste Aufgabe ist es zunächst, mit den Patienten telefonisch oder persönlich Kontakt aufzunehmen", erläutert "Patient Navigator" Rosemilly Ellakis. Doch das sei kompliziert, denn "Menschen mit geringem Einkommen und Einwanderer ziehen oft um und sind nur schwer zu erreichen", berichtet sie der Stiftung New York Community Trust.

Wenn die Kontaktaufnahme gelingt und die Patienten sich informieren lassen, dann müssen oft Hemmschwellen abgebaut werden. Nicht selten gibt es emotionale Barrieren wie Angst vor Krebs oder der Koloskopie. Aber die Überzeugungsarbeit zahlt sich am Ende aus: "Die Patienten sind eher bereit sich auf die Untersuchung vorzubereiten, sie fühlen sich besser und vor allem: sie erscheinen auch am Tag der Koloskopie" so Ellakis aus Erfahrung.

Der Erfolg des "Patient Navigator"-Programms war von Anfang an immens. Allein im Lincoln Medical Center gab es zwischen 2003 und 2007 beeindruckende Veränderungen: Die Zahl der Koloskopien verdoppelte sich nach dem ersten Jahr fast, innerhalb von drei Jahren betrug der Anstieg 250 Prozent.

Der Anteil der Patienten, die ihren Koloskopie-Termin nicht wahrnahmen, sank von 67 auf zehn Prozent. Die durchschnittliche Zeitspanne zwischen Arztbesuch und Koloskopie sank von zehn auf zwei Wochen. Der Anteil der im frühem Stadium entdeckten Karzinome stieg von 32 auf 62 Prozent. Andere Krankenhäuser verzeichneten ähnliche Erfolge. So berichtete zum Beispiel das Mount Sinai Medical Center in Manhattans Upper East Side, dass nach Einführung des Patient Navigator-Programms nur noch 15 Prozent der Patienten ihre Termine nicht wahrnahmen (verglichen mit vorher 40 Prozent). Nur fünf Prozent der Patienten erschienen zu ihrer Koloskopie unzureichend vorbereitet (vorher 12 Prozent). Diese Verbesserungen halfen nicht nur den Patienten, sondern brachten auch dem Krankenhaus Hunderttausende Dollar an Mehreinnahmen. 62 Prozent der über 50-jährigen New Yorker lassen sich mittlerweile testen. Besonders bemerkenswert: Bei Bürgern mit afrikanischem und hispanischem Hintergrund, die vorher wesentlich niedrigere Koloskopieraten hatten, ist der Anteil heute ähnlich wie bei kaukasischen New Yorkern. Die Zahl der durch Darmkrebs verursachten Todesfälle ist seit 2003 insgesamt um 16 Prozent (von 1638 auf 1376) gesunken.

""Patient Navigators" werden in den USA inzwischen auch landesweit mehr und mehr eingesetzt - in der Krebsvorsorge und -behandlung, aber zunehmend auch bei anderen Krankheitsbildern wie etwa Diabetes und Herzerkrankungen.

Wer sind "Patient Navigators"?

"Patient Navigators" kommen aus unterschiedlichen Berufen. Viele haben eine Ausbildung als Pfleger oder Krankenschwester gemacht, andere sind Sozialarbeiter, wieder andere sind Laien, die nicht selten selbst eine Krebserkrankung überlebt haben und Betroffenen helfen wollen.

Noch gibt es keine allgemein anerkannte, einheitliche Ausbildung für "Patient Navigators". Aber viele Organisationen bieten Trainingsprogramme an. Dr. Harold P. Freeman, der lange in Harlem als Chirurg arbeitete, entwickelte das Berufsbild Patient Navigatior im Jahr 1990, weil viele seiner Krebspatienten zu spät ärztliche Hilfe suchten. (cp)

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