Langzeitprophylaxe

Die neue Karriere von ASS

Nach einer venöser Thromboembolie sollen Gerinnungshemmer vor Rezidiven schützen. Doch in der Regel werden sie bereits nach einiger Zeit abgesetzt. Dann kommt der Zeitpunkt für ASS.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Historische Arznei - mit neuer Karriere.

Historische Arznei - mit neuer Karriere.

© dpa

LOS ANGELES. Im Anschluss an eine erste venöse Thromboembolie (VTE) ohne erkennbare Ursache ist eine Rezidivprophylaxe mit oralen Antikoagulanzien indiziert.

Meist wird diese für drei bis 12 Monate durchgeführt, obwohl das Rezidivrisiko über diesen Zeitraum hinaus erhöht ist.

Eine längere Antikoagulation würde zwar wirksam vor Rezidiven schützen, geht aber mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher. Auch ist die Behandlung für die Patienten wenig komfortabel, wenn sie mit Vitamin-K-Antagonisten durchgeführt wird.

ASS nach oraler Antikoagulation

Alternativ kann nach Abschluss der üblichen Antikoagulation mit ASS weiterbehandelt werden. ASS schützt ebenfalls vor thromboembolischen Rezidiven, ist dabei aber nur etwa halb so effektiv wie eine Antikoagulation.

Allerdings ist das Blutungsrisiko um den Faktor 10 niedriger, bilanzierte Studienautorin Dr. Cecilia Becattini aus Perugia anlässlich der Publikation der doppelblinden WARFASA-Studie im Mai im "New England Journal of Medicine".

In WARFASA waren 402 Patienten mit einer ersten spontanen Thromboembolie sechs bis 18 Monate lang antikoaguliert und anschließend weitere zwei Jahre mit 100 mg / d ASS oder Placebo behandelt worden.

Ergebnis: Die ASS-Behandlung reduzierte das Rezidivrisiko von 11 auf 6 Prozent, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen.

Die Summe schwerer vaskulärer Komplikationen, zu denen außer den VTE-Rezidiven auch arterielle Komplikationen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und kardiovaskuläre Todesfälle zählen, wurde von ASS nur im Trend reduziert.

Mit der doppelblinden ASPIRE-Studie wurde nun bei der Jahrestagung der American Heart Association eine zweite Studie vorgestellt und zeitgleich im "New England Journal of Medicine" publiziert, welche die Wirksamkeit einer verlängerten Thromboembolie-Rezidivprophylaxe mit ASS untersuchte.

Die Studie bestätigt die WARFASA-Ergebnisse und ging doch anders aus: ASS reduzierte das venöse Thromboserezidiv-Risiko nur tendenziell, halbierte aber das Risiko für schwere arterielle Komplikationen und schützte somit signifikant vor schweren vaskulären Komplikationen insgesamt.

Rate vaskulärer Ereignisse reduziert

In der ASPIRE-Studie waren 822 Patienten mit einer ersten spontanen Thromboembolie-Episode zunächst ebenfalls antikoaguliert worden, zumeist drei bis 12 Monate lang. Anschließend erhielten sie Placebo oder 100 mg / d ASS über bis zu vier Jahre.

Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von etwas mehr als drei Jahren (37,2 Monaten) hatten 57 ASS- Patienten (4,8 Prozent) sowie 73 Placebo-Patienten (6,5 Prozent) ein Thromboembolie-Rezidiv erlitten, was einer relativen Risikoreduktion von 26 Prozent entspricht, die aber nicht statistisch signifikant ist.

Zählt man noch Herzinfarkte, Schlaganfälle und kardiovaskuläre Todesfälle hinzu, ergaben sich 62 Ereignisse (5,2 Prozent) unter ASS und 88 (8,0 Prozent) unter Placebo.

Dieser Unterschied erwies sich als statistisch signifikant. ASS wurde auch in dieser Studie gut vertragen, das Blutungsrisiko war gering.

ASPIRE-Studienautor Dr. Timothy Brighton vom Prince of Wales Hospital in Sidney präsentierte daraufhin eine prospektiv geplante "Meta-Analyse" der gepoolten ASPIRE- und WARFASA-Daten.

Diese zeigte auf nun breiterer Datenbasis für das gesamte Patientenkollektiv eine signifikante Risikoreduktion sowohl für das Auftreten erneuter VTEs (Risikoreduktion: 32 Prozent) als auch für schwere Gefäßkomplikationen insgesamt (Risikoreduktion: 34 Prozent). Die Bilanz bei den klinisch relevanten Blutungen: 12 unter Placebo und 18 unter ASS - ein nicht signifikanter Unterschied. 

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