Die richtige Ernährung für Tumorpatienten

Gewichtsverlust und Ernährungsprobleme sind bei Tumorpatienten häufig. Folgen sind erhöhte Morbidität und Mortalität sowie verminderte Lebensqualität. Daher sollte früh mit der Ernährungstherapie begonnen werden.

Von Gudrun Zürcher Veröffentlicht:
Ernährungstherapie kann Lebensqualität verbessern.

Ernährungstherapie kann Lebensqualität verbessern.

© Foto: Lisa F. Youngwww.fotolia.de

Etwa jeder zweite Tumorpatient verliert schon vor der Diagnosestellung Gewicht. Indikation zur Ernährungsintervention ist ein Gewichtsverlust von fünf Prozent und mehr vom gesunden Ausgangsgewicht. Auch für übergewichtige Patienten stellt die Mangelernährung ein Risiko dar.

Zunächst sollte die orale Ernährung optimiert werden. Die Indikation zur künstlichen Ernährung besteht bei einer erwarteten Nahrungskarenz (Nahrungszufuhr unter 500 kcal/Tag) von über fünf Tagen oder bei einer unzureichenden oralen Nahrungszufuhr (unter 60 Prozent des errechneten Bedarfs) von mehr als zehn Tagen. Ziele der Ernährungstherapie sind:

  • den fortschreitenden Gewichtsverlust zu mindern oder aufzuhalten,
  • die Effektivität der Tumortherapie zu steigern und ihre unerwünschten Wirkungen zu reduzieren,
  • Therapieunterbrechungen zu vermeiden sowie
  • die Lebensqualität der Patienten zu erhalten oder zu verbessern.

Entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin orientiert sich die Ernährung an der Therapiesituation. Vor einer Operation sollten Patienten mit hohem ernährungsmedizinischen Risiko zum Auffüllen der Energie- und Nährstoffspeicher 10 bis 14 Tage lang eine Ernährungstherapie erhalten. Nach der Operation sollte der Kostaufbau, abhängig von der individuellen Verträglichkeit, möglichst schnell erfolgen. Spezielle Richtlinien gelten nach Operationen im Kopf- und Halsbereich, Gastrektomie und Pankreatektomie, ausgedehnten Operationen im Bereich von Dünn- und Dickdarm sowie nach Stoma-Anlage. Besonders Patienten mit Kurzdarmsyndrom benötigen intensive, individuelle Hilfe. Dabei ist möglichst eine ernährungsmedizinisch erfahrene Fachkraft einzubeziehen.

Grundlage für die orale Ernährung während einer Chemo- und/oder Radiotherapie ist eine Vollkost oder leichte Vollkost, die als "gesteuerte Wunschkost" angeboten wird. Leidet ein Patient zusätzlich an weiteren Krankheiten, sind die Richtlinien für die jeweilige Erkrankung zu beachten. Bei der Zusammenstellung der Kost ist auf spezifische Substratverwertungsstörungen, z. B. eine Laktoseintoleranz, zu achten. Mangel an Nährstoffen wie Kalzium bei Laktoseintoleranz, Vitamin B12, Folsäure, Eisen und Kalzium nach Gastrektomie, Vitamin B12 nach Entfernung des terminalen Ileums oder fettlöslichen Vitaminen bei Fettmalabsorption sind zudem zu berücksichtigen.

Immunsupprimierte Patienten oder solche mit Neutropenie sollten eine keimreduzierte Kost ohne frisches Obst und Gemüse, rohe und halbgare Lebensmittel sowie Schimmelkäse erhalten. So lässt sich das Infektionsrisiko mindern.

Optimiert werden kann die orale Ernährung durch Trinknahrungen und Supplemente. Besonders Patienten mit gastrointestinalen, Kopf- und Hals-Tumoren profitieren von einer regelmäßigen intensiven Ernährungsberatung und dem Einsatz von Trinknahrung.

Unter Chemotherapie ist eine routinemäßige künstliche Ernährung nicht indiziert. Unter Radio- und Radio-Chemotherapie besteht bei Patienten mit obstruierenden Kopf-, Hals- oder Ösophagustumoren oder bei zu erwartender schwerer strahleninduzierter oraler oder ösophagealer Mukositis die Indikation zur enteralen Ernährung, bevorzugt über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG). Bei unzureichender oraler und/oder enteraler Ernährung wird parenteral ernährt, ebenso bei chronischer, schwerer radiogener Enteritis.

Geheilten Patienten sowie Patienten in Remission wird empfohlen, nach Möglichkeit einen gesunden Lebensstil mit einer präventiven Kost einzuhalten. Außerhalb einer antitumoralen Therapie ist eine unzureichende orale Ernährung mit dadurch eingeschränkter Prognose eine Indikation zur künstlichen Ernährung, solange der Patient zustimmt und die Sterbephase nicht eingesetzt hat.

Leitlinien unter www.dgem.de

AUF EINEN BLICK

Energie und Nährstoffe

  • Bei Tumorpatienten gilt als Faustregel: Bettlägerige Patienten benötigen 25 kcal/kg und Tag, mobile Patienten 30 bis 35 kcal/kg und Tag.
  • Die empfohlene Eiweißzufuhr beträgt 1,2 bis 1,5 g Eiweiß/kg und Tag.
  • Der Fettanteil an der Gesamtenergiezufuhr sollte über 35 Prozent liegen, da die Patienten eine gesteigerte Fettoxidation haben.
  • Für die Zufuhr von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen gelten die Empfehlungen wie für Gesunde.
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