FSME-Gefahr besteht inzwischen auch im Norden Deutschlands und im Gebirge
FSME-Erreger breiten sich offenbar immer mehr nach Norden sowie in Gebirgsregionen aus. So werden FSME-Erkrankungen nicht nur in Brandenburg oder dem Saarland registriert, sondern auch in Höhen über 1500 Meter. Auch Untersuchungen bei Forstarbeitern deuten auf eine stärkere Verbreitung.
Von Ursula Armstrong

Vor einer Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist man auch in höher gelegenen Regionen nicht mehr sicher.
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Risikogebiete für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sind in Deutschland bislang die größten Teile von Baden-Württemberg und Bayern sowie einzelne Landkreise in Südhessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz. Wer sich in diesen Regionen in der Natur aufhält, dem wird von der STIKO die Impfung empfohlen. Letztes Jahr wurden zudem im Saarland drei autochthone FSME-Infektionen nachgewiesen. Auch in Brandenburg sind in den vergangenen Jahren einzelne Menschen an FSME erkrankt. Weil FSME in diesem Bundesland nicht erwartet worden war, seien die Diagnosen eher zufällig gestellt worden, sagte Privatdozent Kai Wohlfahrt von den BG Kliniken Bergmannstrost in Halle/Saale.
Hohe FSME-Infektionsrate bei Forstarbeitern
Der Neurologe hat im vergangenen Jahr eine epidemiologische Studie mit 563 Forstarbeitern aus Brandenburg gemacht. Etwa zwei Drittel von ihnen waren nicht geimpft und etwa 9 Prozent der Ungeimpften hatten spezifische Antikörper gegen das FSME-Virus. Ähnlich hohe Raten waren 1997 bis 1999 bei ungeimpften Forstarbeitern in Baden-Württemberg gefunden worden, sagte Wohlfahrt auf einer Veranstaltung des Unternehmens Novartis Behring in Frankfurt am Main. Und Baden-Württemberg wurde inzwischen weitgehend als FSME-Risikogebiet eingestuft.
Auch in Niedersachsen ist das FSME-Risiko offenbar größer als bisher vermutet. Zwischen 2001 und 2007 wurden immer wieder einzelne Erkrankungen gemeldet. 2007 wurde dort ebenfalls eine Studie an Forstarbeitern gemacht und bei nachweislich nicht geimpften Probanden eine Infektionsrate von etwa 13 Prozent gefunden. Man müsse also davon ausgehen, dass FSME sich weiter in Deutschland ausbreiten wird, resümierte Wohlfahrt.
FSME-Infekt auch über Rohmilchprodukte möglich.
Doch Zecken und mit ihnen die FSME-Viren wandern nicht nur nach Norden. Bisher habe man gedacht, eine FSME-Übertragung sei in den Bergen in einer Höhe von über 1200 Metern nicht möglich. Im vergangenen Jahr haben sich erstmals im österreichischen Bundesland Vorarlberg auf einer Alm in 1568 Meter vier Menschen angesteckt. Sie hatten sich über Rohmilchkäse infiziert, der aus der Milch von Ziegen mit FSME-Viren zubereitet worden war.
Und schließlich halten Zecken kaum noch Winterruhe ein. Bisher galt die Zeit von März bis Oktober als Zeckensaison. Denn wenn die Temperaturen am Boden über 6°C bis 7° C liegen, werden Zecken aktiv. Doch Studien haben gezeigt, dass das ganze Jahr über aktive Nymphen und aktive Zecken gefunden werden können. In manchen Regionen ist sogar im Herbst ein zweiter Infektions-Gipfel zu beobachten. Frühsommer-Meningoenzephalitis ist heute deshalb kein passender Name mehr für diese Krankheit.
Zecken sind jetzt oft ganzjährig aktiv
Zecken übertragen nun also nicht nur in mehr Regionen als früher, sondern auch das ganze Jahr über FSME-Viren. Das hat dazu geführt, dass die Fallzahlen in Deutschland wieder angestiegen sind: 2008 wurden 288 Erkrankungen gemeldet, im Vergleich zu 238 im Jahr 2007.
Impfraten in Deutschland sind noch sehr niedrig
Und selbst in den Hochrisikogebieten Süddeutschlands haben nur etwa 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung eine abgeschlossene Grundimmunisierung gegen FSME, hat die Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GFK) im vergangenen Jahr ermittelt. Was eine gute Durchimpfungsrate bringen kann, belegt das Beispiel Österreich. Dort liegt die Durchimpfungsrate bei bis zu 87 Prozent und unter den FSME-Risikoländern sind nur dort in den vergangenen Jahren die Fallzahlen nicht kontinuierlich angestiegen.