Hodenkrebs

"Fremde" Zellen machen Hodentumor aggressiv

Bestimmte Arten von Hodentumoren können sich von einer relativ gutartigen in eine aggressivere Form umwandeln - der Kontakt mit Zellen außerhalb des Hodens reicht dazu aus.

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BONN. Bestimmte Arten von Hodentumoren können sich von einer relativ gutartigen in eine aggressivere Form umwandeln, teilt die Universität Bonn mit. Dazu genügt es, wenn die Tumorzellen mit Zellen außerhalb des Hodens in Kontakt treten (PLOS Genetics 2015, online 30. Juli).

Forscher der Universität Bonn injizierten zusammen mit spanischen Kollegen menschliche Hodenkrebszellen in Mäuse. Sie nutzten dazu Seminom-Zellen - Seminome sind eine vergleichsweise gutartige Variante des Hodenkrebses. Im Flankengewebe der Maus verwandelten sich diese Zellen binnen weniger Wochen zu einem Embryonalen Karzinom.

Embryonale Karzinome wachsen sehr aggressiv und schnell. Transplantierten die Forscher die Seminom-Zellen in den Mäusehoden, behielten die Zellen ihren ursprünglichen Charakter bei, so die Mitteilung. Hodenkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei jungen Männern im Alter von 20 bis 40 Jahren.

Tumoren enstehen aus Vorläufern von Spermien

Die meisten Hodentumoren entstehen aus den primordialen Keimzellen. Im Prinzip sind das Vorläufer der Spermien, die aber in einem sehr frühen Entwicklungszustand stehen geblieben sind.

Sie sind daher noch nicht auf eine Karriere als Spermium festgelegt, sondern können sich noch in unterschiedliche Gewebetypen entwickeln und leider auch zu Tumorgewebe entarten, so die Uni Bonn.

Diese Carcinoma in situ (CIS)-Zellen liegen über viele Jahre im Hoden im "Winterschlaf". Vermutlich in der Pubertät vermehren sich CIS-Zellen. Dabei entsteht ein Seminom oder eben ein Embryonales Karzinom.

Bislang vermutete man, dass es in den CIS-Zellen zu zusätzlichen Mutationen kommen muss, damit sich ein Embryonales Karzinom entwickelt. "Wir konnten nun aber zeigen, dass dazu der Kontakt zu Zellen außerhalb des Hodens ausreicht", wird Professor Hubert Schorle vom Institut für Pathologie der Universität Bonn, in der Mitteilung zitiert.

Der Unterschied zwischen Seminom- und Embryonalen Karzinom-Zellen liegt in den Karrierewegen, die ihnen offen stehen. Zwar sind beide Zelltypen im Prinzip noch nicht auf eine bestimmte Entwicklung festgelegt, in Seminom-Zellen legen aber zelleigene Regulatoren dieser Freiheit Zügel an. Verantwortlich dafür ist der so genannte BMP-Signalweg, der in ihnen aktiv ist.

Seminom verwandelt sich in Karzinom

"Körperzellen außerhalb des Hodens sind in der Lage, diesen BMP-Weg zu hemmen", wird Professor Hubert Schorle vom Institut für Pathologie der Universität Bonn, in der Mitteilung zitiert. "Dadurch werden andere Regulatoren ausgeschüttet, die die Seminom-Zellen gewissermaßen entfesseln."

So verwandelt sich das Seminom in ein Embryonales Karzinom. Dieses ist in der Lage, sich in ganz unterschiedliche Gewebetypen zu differenzieren. Embryonale Karzinome enthalten daher oft nebeneinander Muskelgewebe, Nervenzellen und Zahngewebe.

Wenn Seminom-Zellen heranwachsen, durchbrechen sie irgendwann die Wand der Hodenkanälchen. Sie kommen dann fast zwangsläufig mit Körperzellen in Kontakt, die den BMP-Weg hemmen und damit eine gefährliche Entwicklung einleiten können. Daher ist es wichtig, Hodentumoren frühzeitig zu therapieren.

"Bei rechtzeitiger Behandlung liegen die Heilungschancen bei über 90 Prozent", betont Schorle. Die Ergebnisse der Studie berühren nicht nur die Krebsforschung.

Stammzellforscher versuchen seit einiger Zeit, gezielt Zelltypen ineinander umzuwandeln, um so zum Beispiel Ersatzgewebe zu züchten. Auch für sie dürften die beschriebenen Mechanismen und Erkenntnisse von Interesse sein. (eb)

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