Nach virtueller Koloskopie

Ganz reale Blinddarm-Entzündung

Wer die virtuelle der konventionellen Koloskopie vorzieht, will sich Unannehmlichkeiten ersparen. Das kann aber gründlich misslingen, wie ein Fall aus den USA zeigt.

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Autsch: War es etwa die virtuelle Koloskopie?

Autsch: War es etwa die virtuelle Koloskopie?

© Paulwip / fotolia.com

PHILADELPHIA (rb). Wer keine Beschwerden hat, muss nur zum Arzt gehen - diesen alten Witz hat ein 42-jähriger Amerikaner zwar bestätigt, vermutlich aber nicht besonders komisch gefunden.

Er hatte sich einem "executive physical"Check-up unterzogen (J Gastrointest Surg 2012, online 24. August). Dazu gehörten außer der körperlichen Untersuchung, einem Belastungs-EKG und diversen Labortests auch eine Knochendichtemessung, eine CT-gestützte Bestimmung des Koronarkalks und eben auch eine virtuelle Koloskopie.

Obwohl eigentlich ohne wesentliches Krankheitszeichen, fand sich der Mann am Ende auf dem Operationstisch wieder.

Tags vor der virtuellen Darmspiegelung erhält der Mann zur Darmvorbereitung Magnesiumcitrat. Vor der CT-Koloskopie wird der Darm mit CO2 aufgeblasen, es folgen axiale Aufnahmen in Bauch- und Rückenlage.

Es sind keine Polypen oder sonstigen Gewächse zu sehen, auch keine Strikturen. Die Bilder zeigen lediglich eine leichte Divertikulose des Sigmas. Die Appendix ist unauffällig - vorerst.

Erster dokumentierter Fall, sagen die Autoren

Denn zwölf Stunden danach sitzt der Mann in der Notaufnahme und klagt über Bauchschmerzen im rechten unteren Quadranten. Sie hätten kurz nach der CT-Koloskopie begonnen. Schlecht sei ihm auch. Ob er das vor der Untersuchung schon bemerkt habe? I wo.

Also geht es wieder Richtung Röntgenabteilung, diesmal aber nicht vorsorglich. Ein Kontrast-CT von Abdomen und Becken wird gefahren.

Die vormals unauffällige Appendix sieht nun etwas mitgenommen aus - dilatiert, das periappendikuläre Fettgewebe streifig verdichtet, die Basis des Zäkums verdickt.

Intraoperativ zeigt sich schließlich eine kleine Perforation im mittleren Bereich der Appendix mit einem angrenzenden mesenterialen Abszess. Der Pathologe diagnostiziert eine akute Appendizitis und Periappendizitis.

Nach der Operation hat der Mann mehr Glück als zuvor: Der Verlauf ist unkompliziert, er darf am nächsten Tag nach Hause gehen.

Laut den Autoren der Kasuistik ist dies der erste dokumentierte Fall einer akuten Appendizitis nach virtueller Koloskopie. Obwohl die Untersuchung als sicherer gilt als ihre endoskopische Variante, ist sie nicht ohne Risiken.

Die Rate an Kolonperforationen liegt bei 0,02-0,06 Prozent (Koloskopie: 0,1-0,2 Prozent). Es können anhaltende Krämpfe und vasovagale Reaktionen auftreten, auch Nierenversagen soll schon vorgekommen sein.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Lieber gleich zur Darmspiegelung

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