In der Nachsorge hakt's

Insektengift-Allergiker oft im Stich gelassen

Auf einen Bienen- oder Wespenstich reagieren viele Menschen allergisch. Ihre ärztliche Nachsorge läuft oftmals nicht optimal, zeigt jetzt eine Umfrage unter Betroffenen.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
Gefahr droht, Wespe im Anflug!

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© Ruben / stock.adobe.com

GIEßEN. Bei der Umsetzung medizinischer Leitlinien in der Versorgung von Patienten mit Bienen- und Wespengift-Anaphylaxie gibt es offenbar erhebliche Defizite in der Nachsorge.

Viele Patienten erhalten keine Empfehlungen für das weitere Vorgehen und auch keinen Allergikerausweis. Das geht aus einer Umfrage von Allergologen und Notfallmedizinern um Professor Thilo Jakob von der Universität Gießen hervor.

Die Ärzte schickten dazu 548 Betroffenen einen standardisierten Fragebogen zu. Die Patienten waren zwischen 2001 und 2014 in den Notfallzentren von Freiburg, Bad Krozingen oder Göppingen wegen Verdachts auf Hymenopterengift-Anaphylaxie (HVA) behandelt worden (Allergo J 2018; 27: 4).

148 beantworteten den Fragebogen. Bei 126 von ihnen hatte sich die Verdachtsdiagnose inzwischen bestätigt, die meisten hatten eine Reaktion vom Schweregrad II (24 Prozent) oder III (64 Prozent) nach Ring und Messmer gehabt.

Nach den Antworten der Teilnehmer hatten nur 55 Prozent bei der Therapie Empfehlungen für das weitere Vorgehen erhalten. Fast 70 Prozent war kein Allergikerausweis und über 40 Prozent kein Rezept für ein Notfallset ausgestellt worden.

Injektor-Verfalldatum oft überschritten

Anaphylaxie-Stadien

Stadium I: Hauterscheinung und / oder leichte Temperaturerhöhung.

Stadium II: nachweisbare, aber nicht lebensgefährdende kardiovaskuläre Reaktion (Tachykardie, Blutdruckabfall).

Stadium III: Schock (schwere Hypotension, Blässe), Bronchospasmus mit bedrohlicher Dyspnoe, Bewusstseinseintrübung, -verlust; eventuell mit Stuhl-und Urinabgang.

Stadium IV: Herz-Kreislauf-Stillstand. (nach Ring und Messmer)

Bis zum Start der Studie waren immerhin 90 Prozent der Patienten mit Notfallmedikamenten ausgestattet worden. Über die ordnungsgemäße Anwendung wurde aber laut Patienten-Angaben nur etwa jeder Zweite unterrichtet. Überdies erhielten nur 77 Prozent einen Adrenalin-Autoinjektor.

Noch dazu war bei jedem Zweiten das Verfallsdatum des Injektors zum Zeitpunkt der Befragung überschritten. 43 Prozent der Patienten berichteten zudem, das Notfallset nur selten oder nie mit sich zu führen.

Nur 46 Prozent der Patienten hatten direkt im Anschluss an die Anaphylaxie einen Allergologen aufgesucht, 15 Prozent hatten danach keinen Arzt gesehen.

Zu einer spezifischen Immuntherapie, die in den Leitlinien ab einem Schweregrad II empfohlen wird, waren insgesamt 70 Prozent der Patienten beraten worden. Von den Patienten, die einen Arzt ohne spezielle Qualifikation für Allergologie aufgesucht hatten, waren es nur halb so viele gewesen.

Immuntherapie bei jedem zweiten Befragten

50 Prozent aller Patienten unterzogen sich einer Immuntherapie. Patienten mit höherem Schweregrad machten zwar tendenziell häufiger Gebrauch davon, allerdings blieben selbst bei Patienten mit Grad-IV-Reaktion drei von acht ohne Immuntherapie.

Als Gründe für die Entscheidung gegen eine Immuntherapie gaben die Patienten unter anderem an: Die anaphylaktische Reaktion sei ja nur einmal aufgetreten und sie scheuten Aufwand, Dauer oder Risiken der Behandlung.

Aus den Studienresultaten geht zudem hervor, wie wichtig es ist, Patienten mit insektenstichbedingter Anaphylaxie frühzeitig Empfehlungen für die Nachsorge zu geben: Von den Patienten, die beim Indexereignis entsprechend beraten worden waren, hatten zum Beispiel 70 Prozent einen Allergologen aufgesucht, von den Patienten ohne entsprechende Beratung in der Akutphase waren es nur 17 Prozent.

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