Ischämie: Nicht nur an Stenosen denken!

MANNHEIM (DE). Eine aktuelle Versorgungsstudie bestätigt, dass ein hoher Prozentsatz der Patienten mit pektanginösen Beschwerden nicht an einer stenosierenden KHK leidet und deshalb andere Ischämie-Ursachen berücksichtigt werden müssen.

Veröffentlicht:
Auch Spasmen können Brustschmerzen auslösen.

Auch Spasmen können Brustschmerzen auslösen.

© Young/shutterstock.com

In der Studie mit dem Kürzel THINK* wurden 2500 Patienten analysiert, bei denen aufgrund eines KHK-Verdachts eine Herzkatheter-Untersuchung durchgeführt wurde, erläuterte der Kardiologe Dr. Dirk Westermann von der Berliner Charité auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim.

Etwa drei Viertel der Patienten klagten über typische Angina-Beschwerden mit im Median 3,75 Attacken pro Woche; 50 Prozent der Patienten waren davon mäßiggradig und 30 Prozent höhergradig eingeschränkt. Bei 45 Prozent stand Luftnot im Vordergrund.

Obgleich die Patienten ein typisches kardiovaskuläres Risikoprofil nebst positivem Ischämie-Befund aufwiesen, konnten durch die Herzkatheter-Untersuchung bei 62 Prozent der Patienten atherosklerotische Koronarstenosen als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden, berichtete Westermann.

Zu ähnlichen Befunden kam auch schon die 2011 publizierte Ancona-Studie: Nur bei knapp 50 Prozent der 300 Patienten mit KHK-Verdacht förderte die Herzkatheter-Untersuchung hier behandelbare Koronarstenosen zutage, so Westermann.

Bei über 60 Prozent der übrigen Patienten konnten hingegen epikardiale Spasmen oder mikrovaskuläre Störungen nachgewiesen werden.

Professor Lars Maier vom Herzzentrum der Universität Göttingen erinnerte daran, dass neben der obstruktiven KHK weitere Ursachen zu Angina führen können, die zu wenig beachtet würden.

Circulus vitiosus

Dazu zählen zum Beispiel endotheliale Funktionsstörungen, "small vessel disease", diastolische Dysfunktion oder Herzhypertrophie.

Eine wichtige Bedeutung haben nach Angaben des Göttinger Kardiologen auch Veränderungen der Ionenströme an der Herzmuskelzelle, die zu einem pathologisch erhöhten späten Natrium-Einstrom in die Zelle führen.

Die Folge ist ein Circulus vitiosus: erhöhte Wandspannung, Druck auf die versorgenden Gefäße, reduzierte Mikrovaskularisation und vermehrte Angina-pectoris-Beschwerden.

Beschwerdefreiheit, Verbesserung der Belastungsfähigkeit und Verminderung KHK-assoziierter psychischer Beschwerden gehören neben der Verbesserung der Prognose zu den Therapiezielen bei KHK, erinnerte Professor Johann Bauersachs, Medizinische Hochschule Hannover.

Aus prognostischer Sicht sind ASS, Statin, ACE-Hemmer und Betablocker als Therapeutika Pflicht bei KHKPatienten.

Wenn Betablocker nicht gegeben werden können oder nicht ausreichend antianginös wirken, sollten entsprechend den Empfehlungen KHK-Leitlinien Alternativen gegeben und, so Bauersachs, deren Wirksamkeit auch überprüft werden.

Dazu zählen Kalziumantagonisten (wirksam unter anderem bei epikardialen Spasmen), Nitrate, Ivabradin (sinnvoll bei hoher Herzfrequenz) und nicht zuletzt Ranolazin, welches den späten Natriumeinstrom blockiert und auf diese Weise die myokardiale Perfusion auf zellulärer Ebene verbessert.

Quelle: www.springermedizin.de

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Sonderbericht

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln

An Embolie und Dissektion denken!

Junge Frauen mit Herzinfarkt: Oft ist es keine Atherosklerose

Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Lesetipps
Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt

Bei Grenzentscheidungen (z.B. kürzlich stattgehabte Operation) gelte es, Rücksprache mit der entsprechenden Fachdisziplin zu halten, betont Dr. Milani Deb-Chatterji.

© stockdevil / iStock

Eine schwierige Entscheidung

Schlaganfall: Das sind Grenzfälle der Thrombolyse