Jede Sportart muß erst erlernt werden

BERLIN (gvg). Mehr Schulsport, regelmäßige Bewegung und Training für Anfänger auch in Individualsportarten: Das sind die Strategien von Orthopäden und Unfallchirurgen gegen Sportunfälle.

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Den Trend zu Risikosportarten wie Downhill-Mountainbiking, Canyoning, Inline-Skating oder Paragliding haben Orthopäden und Unfallchirurgen der westlichen Welt in den vergangenen Jahren in ihrem Berufsalltag zu spüren bekommen. Genaue Zahlen zur Häufigkeit von Unfällen sind schwierig zu erheben.

Individualsportarten würden fast ausnahmslos privat und außerhalb von Vereinen betrieben. Einzelne Hochrechnungen machen das Ausmaß aber deutlich. So werde in den USA davon ausgegangen, daß Unfälle mit Inline-Skatern pro Jahr Kosten in Höhe von knapp fünf Milliarden US-Dollar verursachen, so Professor Norbert Haas von der Charité Berlin auf dem Deutschen Orthopädenkongreß.

Typisch für Risikosportarten ist das hohe Unfallrisiko, und daß die Unfälle oft schwer sind. Haas nannte Zahlen: Jeder zweite bis vierte Unfall, durch den Inline-Skater zum Arzt gehen, ist eine Fraktur der Arme. Zwei von drei Unfällen beim Paragliding haben eine Wirbelsäulenverletzung als Folge. Jeder dritte Unfall beim Mountainbiking führt zu einer Fraktur, einer Luxation oder einer Distorsion.

Helfen könne nur eine gezielte Einführung in neue Sportarten, auch wenn diese nicht in Sportvereinen praktiziert würden, so Haas: "Am stärksten gefährdet sind die Personen, die eine Sportart von sich aus beginnen, weil sie irgendwann etwas im Fernsehen darüber gesehen haben".

Auch der Einsatz von sportartspezifischen Organprotektoren sollte stärker propagiert werden. Haas kritisierte, daß nicht einmal bei öffentlichen Veranstaltungen wie dem Berlin-Marathon eine Helmpflicht für Skater bestehe.

Die zunehmende Zahl an Sportunfällen sei auch auf den allgemein schlechteren Trainingszustand zurückzuführen, ergänzte Privatdozent Dr. Holger Mellerowicz vom Helios-Klinikum Berlin. Er illustrierte das anhand von Versicherungsstatistiken über Schulunfälle: So habe sich die Häufigkeit von Unfällen im Schulsport seit den siebziger Jahren mehr als verdoppelt. Sie liege derzeit bei knapp vierzig Prozent der Schüler eines Jahrgangs pro Jahr. Für Mellerowicz sei das eine klare Folge mangelnden Trainings.

Doch die Experten sehen auch positive Entwicklungen. So wird der zu beobachtende Trend zum Nordic Walking, der vor allem sportlich weniger aktive Menschen anspricht, einhellig begrüßt. Doch Risiken gibt es auch hier: "Wir haben schwere Verletzungen durch Unfälle mit den Skistöcken gesehen", so Haas.

Die Stöcke können nämlich abknicken, wenn sie nicht richtig verriegelt wurden. Sein Fazit: Selbst Nordic Walking braucht eine richtige Einführung.

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