Studie in Hamburg

Jede zweite Schwangere nimmt Analgetika ein

Veröffentlicht:
Die meisten schwangeren Frauen (86 Prozent) bevorzugen laut UKE-Studie bei einem Schmerzmittelbedarf den Wirkstoff Paracetamol.

Die meisten schwangeren Frauen (86 Prozent) bevorzugen laut UKE-Studie bei einem Schmerzmittelbedarf den Wirkstoff Paracetamol.

© contrastwerkstatt / Fotolia

HAMBURG. 47 Prozent der schwangeren Frauen nehmen während der Schwangerschaft Schmerzmittel ein. Das hat eine im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) laufende Studie ergeben (EBioMedicine 2017; online 9. November).

Für die Studie wurden Daten von 518 schwangeren Frauen ausgewertet. Die meisten Frauen (86 Prozent) bevorzugten bei einem Schmerzmittelbedarf den Wirkstoff Paracetamol, teilt das UKE mit. Die Einnahme erfolge meist nur über einen kurzen Zeitraum und in geringer Dosierung.

Gleichwohl weisen die Wissenschaftler des UKE darauf hin, dass bei unbedachter und gewohnheitsmäßiger Einnahme von Schmerzmitteln während der Schwangerschaft mit möglichen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Paracetamol ist ein Schmerzmittel, das während allen drei Trimestern der Schwangerschaft als Medikament zugelassen ist.

Generell sorgen die rezeptfreie Verfügbarkeit sowie der hohe Bekanntheitsgrad für eine hohe Rate an Selbstmedikation. "Bezogen auf die Schwangerschaft lagen bisher kaum detaillierte Daten zur Einnahmehäufigkeit und -dauer in Deutschland vor. Aktuelle Studien deuten jedoch ein erhöhtes Asthma-Risiko nach Paracetamol-Einnahme in der Schwangerschaft an.

Daher war es dringend erforderlich, belastbare Daten zur Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft vorzulegen", erläutert Studienleiterin Dr. Anke Diemert aus der Klinik für Geburtshilfe und Pränatalmedizin des UKE in der Mitteilung des UKE.

Daten von 518 schwangeren Frauen ausgewertet

Im Rahme der PRINCE-Studie (Prenatal Determinants of Childrens Health), in der im UKE seit mehreren Jahren untersucht wird, welche Faktoren während der Schwangerschaft Einfluss auf die langfristige Kindergesundheit haben können, werden die schwangeren Teilnehmerinnen einmal pro Trimester unter anderem zu ihrer Schmerzmitteleinnahme befragt. Dabei werden genaue Daten zu Einnahmedauer und -dosis dokumentiert.

Nach Auswertung der Daten von insgesamt 518 PRINCE-Teilnehmerinnen zeigte sich, dass 47 Prozent der Schwangeren mindestens einmal in der Schwangerschaft ein Schmerzmittel eingenommen haben. Dabei griffen 86 Prozent der Frauen auf Paracetamol zurück, wobei die Einnahmedauer überwiegend kurz und die Dosis gering war.

"Die Studienteilnehmerinnen, die im UKE entbunden haben, wurden außerdem um eine Nabelschnurblutprobe gebeten, sodass wir die Möglichkeit erhielten, in einer Untergruppe von Frauen den Zusammenhang zwischen Paracetamol-Einnahme und Anzahl der Hämatopoetischen Stammzellen zu analysieren", erklärt Professor Gisa Tiegs, Leiterin des Instituts für Experimentelle Immunologie und Hepatologie, in der Mitteilung des UKE.

Hämatopoetische Stammzellen sind Zellen, die aus dem Nabelschnurblut isoliert werden können und aus denen sich Immunzellen entwickeln. Eine Veränderung dieser Stammzellen kann sich auf die Differenzierung von Immunzellen auswirken, welche bei der Entstehung von Krankheiten wie zum Beispiel allergischem Asthma von Bedeutung sind.

Die aktuelle Studie zeigt, dass die Zahl der hämatopoetischen Stammzellen im Nabelschnurblut nach mütterlicher Paracetamol-Einnahme verringert ist, besonders wenn die Einnahme im dritten Trimester der Schwangerschaft erfolgte, heißt es in der Mitteilung des UKE.

Welche Auswirkung die reduzierte Zahl dieser Stammzellen habe und wie sich das Immunsystem der Kinder weiter entwickele, sei Gegenstand der aktuellen Forschung.

Paracetamol bei Schmerzen und Fieber auch in der Schwangerschaft angezeigt

Diemert weist darauf hin, dass die Einnahme von Paracetamol während der Schwangerschaft bei Schmerzen und Fieber durchaus angezeigt sein kann. "Kritisch sind lediglich Fälle zu sehen, in denen Paracetamol gewohnheitsmäßig und gegebenenfalls bedenkenlos eingenommen wird. Hier sollten mögliche Nebenwirkungen für das ungeborene Kind bedacht werden."

Die aktuellen Forschungsergebnisse sind bei "EBioMedicine" (2017, online 9. November) erschienen, einer Kollaboration der renommierten wissenschaftlichen Journale The Lancet und Cell Press, wie das UKE mitteilt.

Die Arbeit sei das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Ärzten in der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Klinischen Forschergruppe 296, die sich intensiv mit den Zusammenhängen von Schwangerschaft, Entwicklung des fetalen Immunsystems und späterer Kindergesundheit befasst. (eb)

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe

Kanadische Kohortenstudie

Belastende Nichtgelenkschmerzen bei rheumatoider Arthritis

Das könnte Sie auch interessieren
Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

© David Pereiras | iStock (Symboldbild mit Fotomodell)

Dermatomykosen

Alarmierender Anstieg: Hautpilz aus dem Barbershop

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

© Irina Tiumentseva | iStock

Onychomykosen

Effektive Therapie von Nagelpilz: Canesten® EXTRA Nagelset

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Was zur Prophylaxe wirklich nützt

© bymuratdeniz / Getty Images / iStock

Rezidivierende Harnwegsinfekte

Was zur Prophylaxe wirklich nützt

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Fast jede Frau macht die Erfahrung einer Blasenentzündung. Häufigster Erreger ist E. coli.

© Kateryna_Kon / stock.adobe.com

Prophylaxe von Harnwegsinfekten

Langzeit-Antibiose nicht mehr First Line

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Dermapharm AG
Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Experten-Workshop

Plädoyer für die Immunprophylaxe bei Harnwegsinfekten

Kooperation | In Kooperation mit: Dermapharm AG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Abb. 1: Anteil der PMR-Patientinnen und -Patienten mit anhaltender Remission (primärer Endpunkt)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Erstes steroidsparendes Biologikum bei Polymyalgia rheumatica

Sarilumab schließt eine therapeutische Lücke

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wenn „Gender“ und „Sex“ nicht übereinstimmen

Geschlechtsinkongruenz bei Kindern: Tipps zum Umgang mit trans*

Lesetipps
Sieht lecker aus und schmeckt — doch die in Fertigprodukten oft enthaltenen Emulgatoren wirken proinflammatorisch. Ein No-Go für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.

© mit KI generiert / manazil / stock.adobe.com

Emulgatoren in Fertigprodukten

Hilfreich bei Morbus Crohn: Speiseeis & Co. raus aus dem Speiseplan!

Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau