Leitartikel zur CT- Koloskopie

Keine Alternative zur Endoskopie

Die CT-Koloskopie (CTC) ist und bleibt eine indirekte Methode. Zwar konnte die Sensitivität für kleinere Polypen deutlich gesteigert werden. Den entscheidenden Vorteil der Koloskopie - die echte Krebs-Vorsorge - kann die CTC aber nicht bieten.

Von Gabriele Wagner Veröffentlicht:
Lateral wachsender Tumor in der CT-Koloskopie (CTC) und der optischen Koloskopie (OC). Darstellung in der 3D CTC (B), in der 2D CTC (C) sowie in der OC (D). Zu sehen ist eine große gelappte Läsion (Pfeilspitzen), die aufgrund ihrer Masse eine chirurgische Resektion erforderlich machte.

Lateral wachsender Tumor in der CT-Koloskopie (CTC) und der optischen Koloskopie (OC). Darstellung in der 3D CTC (B), in der 2D CTC (C) sowie in der OC (D). Zu sehen ist eine große gelappte Läsion (Pfeilspitzen), die aufgrund ihrer Masse eine chirurgische Resektion erforderlich machte.

© Springer Science+Business Media, DOI: 10.1007/s00261-012-9897-z

Immer wieder gibt es neue Studien, die die CT-Koloskopie (CTC) als Alternative zur Koloskopie implementieren wollen. Ein aktuelles Beispiel ist eine Metaanalyse von Radiologen aus Großbritannien, die die Zuverlässigkeit der CTC bei 622 Menschen mit positivem Test auf okkultes Blut im Stuhl (FOBT) prüften.

Und die sich zu der erstaunlichen Aussage hinreißen ließen, die CTC sei eine "gute" Alternative, zumindest für Menschen, die keine konventionelle Koloskopie wünschten (Eur Radiol 2014; 24:1049).

Ganz unverständlich ist es ja nicht, dass die Radiologengemeinschaft verloren gegangenes Terrain zurück erobern will. Die Untersuchung des Magen-Darm-Traktes war über Jahrzehnte genuine Aufgabe der Radiologie.

Doch seit Ende der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts haben die Gastroenterologen mit ihren damals flächendeckend eingeführten Endoskopien mit flexiblen Geräten den Radiologen den Rang abgelaufen.

Endoskopien haben den unschlagbaren Vorteil, dass gleich Biopsien zur eindeutigen histopathologischen Diagnose in einem Untersuchungsgang entnommen werden können.

Polypen bis etwa 3 cm Größe können meist sofort abgetragen werden. Und das ist eine Krebs-Vorsorge im Sinne des Wortes: Polypen zu entfernen, bevor sie entarten.

Hürden: Koloskopie-Vorbereitung und Risiken

Warum werden also immer wieder Versuche unternommen, indirekte Methoden wie die CTC als Koloskopie-Alternative anzubieten, sowohl was das Screening als auch eine kurative Endoskopie betrifft?

Es gibt relative Kontraindikationen für Koloskopien wie voran gegangener Herzinfarkt oder Erkrankungen mit zwingender Gerinnungshemmung. Außerdem fürchten sich manche regelrecht vor einer Koloskopie, sei es aufgrund eigener schlechter Erfahrungen oder wegen Horrorgeschichten aus dem Bekanntenkreis oder Internet.

Und nicht zuletzt gibt es bei Screening-Koloskopien viele o.B.-Befunde; "nur" im Mittel bei jedem dritten Mann und jeder fünften Frau werden potenzielle Krebsvorstufen (Adenome) entdeckt (Dtsch Arztebl 2012; 109(11): A 528-30).

Hinzu kommen die bekannten typischen Koloskopie-Risiken: Darmperforation (0,8 pro 1000 bei Screening-Koloskopie; 0,7 pro 1000 bei diagnostischer Koloskopie) und Blutung (0,5 und 1,1 pro 1000), jeweils auf ein 30-Tage-Intervall nach Koloskopie bezogen (Gastrointest Endosc 2013; 77(3):419).

Bekannt ist auch, dass selbst bei einer optimalen Darmreinigung nicht alle vorhandenen Polypen oder Läsionen gefunden werden; zum Beispiel wenn sie hinter einem Darmknick oder in einem entzündlichen Areal liegen.

Zugegeben: Perforation und Blutungen, die eine chirurgische Intervention oder zumindest einen Klinikaufenthalt erforderlich machen, sind keine Risiken, mit denen Patienten bei einer CTC rechnen müssen. Und die Sensitivität (ich sehe etwas) ist inzwischen zumindest für Polypen und kleine Karzinome ab 6 mm Größe bei erfahrenen Radiologen über 90 Prozent (Koloskopie: über 95 bis 100 Prozent).

Schlechter ist es allerdings nach wie vor um die Spezifität (was sehe ich?) bestellt. In der aktuellen Studie variierte sie deutlich und lag im Mittel bei gut 75 Prozent. Zum Vergleich: Die Spezifität für Koloskopien liegt um 85 bis 90 Prozent.

Weitere Nachteile der CTC

Auch für die CTC müssen sich Patienten immer noch der Abführerei unterziehen, und das Kolon muss via Darmrohr mit Luft entfaltet werden. Zwar sind Komplikationen wie Perforation hierbei nicht zu erwarten. Und auch andere Komplikationen wie Appendizitis nach CTC sind sehr seltene Einzelfälle (J Gastrointest Surg 2012,; 16(12):2291).

Aber: Wird ein pathologischer Befund in der CTC gefunden, wie geht es dann weiter? Betroffene müssten sich dann doch einer konventionellen Koloskopie unterziehen. Ist dann so schnell ein Termin dafür zu bekommen, um doppelte Vorbereitung zu vermeiden?

Außerdem: Die Koloskopie-Aufklärung müsste aus rechtlichen Gründen 24 Stunden vor oder jedenfalls nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit der Endoskopie erfolgen. Ganz abgesehen von Gerinnungshemmern, die vor Polypektomie abgesetzt werden müssten.

Und das Thema Strahlenbelastung wird bei CTC-Studien leider oft nur am Rand erwähnt. Trotz "low-dose"-Technik liegt sie zwischen 0,8 und 1,6 mSv (Millisievert).

Zum Vergleich: Die natürliche Strahlenbelastung in Deutschland beträgt etwa 2,4 mSv pro Jahr. Müssen dann kleinere unklare Befunde (Spezifität!) nachbeobachtet werden, summiert sich die Strahlenbelastung.

Bei positivem FOBT werden koloskopisch bei jedem zweiten Patienten Polypen, bei jedem zehnten gar ein Karzinom gefunden.

Besonders bei diesen Menschen ist und bleibt die konventionelle Koloskopie immer die erste Wahl. Die CTC ist vor allem hier keine Alternative, auch wenn manche Radiologen das anders sehen wollen.

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