Kurse für mehr Gelassenheit bei ADHS
Eltern von ADHS-Kindern profitieren von einem Spezialtraining für das Miteinander in Familien. Pädiater und Hausärzte können dazu Kurse als IGeL anbieten.
Veröffentlicht:Bis zu acht Prozent aller Kinder in Deutschland haben eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts- Störung (ADHS), etwa zwei Prozent sind schwer davon betroffen. ADHS-Kinder haben oft nicht nur Probleme in der Schule oder mit Gleichaltrigen. Auch ihre Eltern und Geschwister macht die ständige Überaktivität aggressiv. Es kommt zu Überreaktionen, und die Kinder fühlen sich ständig ungerecht behandelt.
"Bei vielen Kindern mit ADHS finde sich eine stark ausgeprägte Sozialstörung", sagt Dr. Rüdiger Penthin aus Schönberg in Schleswig-Holstein. Solche Störungen werden durch eine aggressive oder vernachlässigende Erziehung von überforderten Eltern begünstigt, so der Kinder- und Jugendarzt. Ein Elterntraining erleichtert den Alltag der Familien und trägt dadurch auch zu einem Erfolg der ADHS-Therapie bei. Das Training ist in der Regel ein IGeL-Angebot.
Ziel der Übungen ist es, Gelassenheit zu vermitteln
Ziel der Übungen ist es, den Eltern einen positiven Umgang mit ihren von ADHS betroffenen Kindern zu vermitteln und ihnen zu helfen, angesichts der Symptome gelassen und ruhig zu bleiben. Penthin bietet Kurse für bis zu zwölf Teilnehmer mit sechs Basisterminen à zwei Stunden an. "Der Bedarf ist sehr groß", sagt der Pädiater. Für seine zwei bis drei Kurse im Jahr kommen Eltern bis zu 30 Kilometer weit angereist. Als Gebühren für den Basiskurs zahlen die Teilnehmer 80 Euro (Paare 100 Euro).
Nach Angaben von Penthin nehmen häufig auch Väter und Mütter an den Kursen teil, bei deren Kindern die Diagnose ADHS (noch) nicht gestellt worden ist. Bei einer definitiven Diagnose ADHS gibt es einen Zusatztermin mit dem Schwerpunkt Psychoedukation. Dabei werden auch die Therapieformen bei ADHS vorgestellt, oder auch der Umgang mit Lehrern bei Schulproblemen erörtert. Bei den sechs Basisterminen werden zudem durchgesprochen:
- ungünstige Haltungen bei Eltern wie Inkonsequenz, unangemessene Strenge und Vernachlässigung. Regeln für ein positives familiäres Miteinander werden aufgestellt.
- Eltern lernen den Fokus auf die positiven Seiten der Kinder wie Kreativität zu legen und diese zu stärken.
- Ein Punkteplan wird vorgestellt, mit dem sich Kinder in speziellen Situationen zu einem angemessenen Verhalten motivieren lassen. Dazu gehört etwa das morgendliche Aufstehen mit Körperpflege und Frühstück - einschließlich rechtzeitig fertig zu sein für die Schule.
- Besprochen wird, wie sich Konflikte vermeiden lassen etwa durch Regeln und Absprachen vor konfliktträchtigen Situationen sowie durch klare Ansagen und angemessene Konsequenzen bei Fehlverhalten.
- Routinesituationen wie Hausaufgaben, Aufstehen oder lange Autofahrten und die Probleme dabei werden erörtert.
Kinder- und Jugendärzte, aber auch Allgemeinmediziner können sich weiterbilden und dann ein solches Elterntraining in der Praxis aufbauen, sagt Penthin. Der Pädiater hat dabei seine ersten Kurse in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt (AWO) angeboten. Inzwischen sei sein Programm auch in einer Studie von der Universität Flensburg evaluiert worden.
Für Ärzte wird eine Kursleiter-Schulung angeboten
Auch Kursleiter-Schulungen zum Elterntraining bietet Penthin an. Es handelt sich dabei um Wochenendseminare mit zweimal zehn Stunden Unterricht für interessierte Ärzte, Psychologen, Therapeuten und Pädagogen. Dabei werden Grundlagen der Verhaltenstherapie ebenso besprochen wie konkrete Inhalte des Trainings. Situationen aus der Arbeit mit den Eltern werden zudem in Rollenspielen aufbereitet. Außerdem hat Penthin zusammen mit einer Kollegin das Buch "Eltern sein dagegen sehr..." veröffentlicht (Juventa-Verlag, 2. Auflage 2007). Der Titel ist eine Anlehnung an das Zitat von Wilhelm Busch "Vater werden ist nicht schwer..." In dem Buch werden Konzepte und Anleitungen zur pädagogischen Elternschulung vorgestellt.
Infos von Dr. Penthin und seinen Kollegen: www.elternwerkstatt.org