Lawinensuchhunde proben spielend den Ernstfall

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Von Paul Winterer

Mit unbändigem Eifer und mit der ganzen Kraft seines drahtigen Körpers scharrt Xeno im Schnee. Laut bellend, zuletzt aufgeregt winselnd, harrt er so lange neben seinem Führer aus, bis Stefan Bonleitner den "Verschütteten" endlich freigeschaufelt hat. Sofort springt Xeno ins Schneeloch und stupst den "Geretteten" freudig an. "Fein, gut hat er das gemacht", lobt Bonleitner den Hund und klopft ihm anerkennend aufs winterdicke Fell. Dazu gibt's ein "Leckerli". Xeno hat seine Aufgabe bestens gemeistert.

Der sieben Jahre alte Schäferhund ist einer von 19 Suchhunden der Bergwacht-Sektion Hochland, die auf der Alpspitze hoch über Garmisch-Partenkirchen mit ihren Hundeführern für den Ernstfall üben. Drei Jahre dauert die Ausbildung eines Hundes. "Mit frühestens einem Jahr kann man den Hund langsam an seine Aufgabe heranführen", erläutert Sektionsleiter Hans-Peter Gallenberger.

In Ausbildungsstufe B werden die Felder, in denen die Tiere nach "Verschütteten" suchen, größer. Erst ein C-Hund ist ein fertig ausgebildeter Suchhund, der sowohl im Winter als auch im Sommer - etwa bei Erdbeben - eingesetzt werden kann. "Die C-Prüfung muß er jedes Jahr wiederholen", erläutert Gallenberger.

Suchhunde der Sektion Hochland halfen zuletzt beim Einsturz der Eissporthalle am 2. Januar in Bad Reichenhall, Leben zu retten. So spürte Xeno mehr als sechs Stunden nach der Katastrophe die sechsjährige Ricarda als letztes der Opfer lebend auf, ehe das Mädchen nach einer weiteren bangen Dreiviertelstunde zwar unterkühlt, aber ansonsten fast unversehrt geborgen werden konnte.

"Es war das erste Mal, daß Xeno einen Verschütteten lebend aufspüren konnte", berichtet Bonleitner, "ein einmaliges Erlebnis, auch wenn die Umstände ansonsten so tragisch waren". Bei dem Unglück starben 15 überwiegend junge Menschen.

Immer und immer wieder üben die ehrenamtlich tätigen Hundeführer in einem abgesteckten Feld auf der Alpspitze mit ihren Vierbeinern die schwierige Aufgabe. "Für den Hund muß die Arbeit, die so kompliziert aussieht, ein Spiel sein", erläutert Gallenberger. Lob ist ganz wichtig, die Hunde werden denn auch ständig gestreichelt und geklopft.

Höhepunkt der Übung ist das Abseilen von Herr und Hund aus einem Rettungshubschrauber. Aus fast zehn Metern Höhe wird das Team mit einer Seilwinde am Rand der Übungs-"Lawine" abgesetzt. Kaum festen Boden unter den Pfoten, nimmt Xeno sofort eine Fährte auf und strebt zielsicher dem zu Übungszwecken zwei Meter tief im Schnee eingegrabenen Bergwacht-Kameraden zu.

Mit der Sonde ortet Bonleitner das "Opfer" und gräbt es in Minutenschnelle aus. Seit mehr als 20 Jahren ist der in Hausham (Landkreis Miesbach) wohnende dreifache Familienvater Suchhundeführer bei der Bergwacht. Xeno ist bereits sein dritter Hund.

"Ohne Verschütteten-Suchgerät, Sonde, Schaufel und wenn möglich aufblasbaren ABS-Rucksack sollte keiner zu einer Skitour abseits gesicherter Pisten aufbrechen" - diesen Ratschlag kann Gallenberger gar nicht oft genug wiederholen. Leider seien schätzungsweise nur an die 70 Prozent der Tourengeher derart ausgerüstet, "wer es nicht ist, gefährdet sich und das Leben anderer".

In diesem noch jungen Winter mußten bayerische Bergwachtmänner bereits fünf Menschen tot aus Lawinen holen. Jahr für Jahr rücken die 6600 ehrenamtlichen Helfer zu 10 000 Einsätzen und Hilfeleistungen aus. Bonleitner und Xeno sind oft dabei: "Am schlimmsten ist es, wenn wir nur noch Tote bergen können." (dpa)

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