Meldepflichtige Infektion: Mundspülung gegen Tripperkeime im Rachenraum

Eine einfache alkoholhaltige Mundspülung kann helfen, eine Gonorrhö – umgangsprachlich Tripper – schneller loszuwerden. Sie senkt nachweislich die Konzentration von Gonokokken in Mund und Rachen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Neisseria gonorrhoeae im Modell: Unbemerkter Keim-Befall in Mund und Rachen ist häufig ein Problem.

Neisseria gonorrhoeae im Modell: Unbemerkter Keim-Befall in Mund und Rachen ist häufig ein Problem.

© CDC / James Archer

MELBOURNE. Gonokokkeninfekte werden in einigen Ländern wieder häufiger beobachtet, vor allem in der Homosexuellenszene breitet sich der Erreger aus. So hat sich die Zahl der gemeldeten Infektionen in Australien in den vergangenen fünf Jahren von 6900 auf 11.500 fast verdoppelt, berichten Sexualmediziner um Dr. Eric Chow von der Universität in Melbourne. 70 Prozent der Betroffenen sind Männer, die Sex mit anderen Männern haben. In Deutschland mit der vierfachen Einwohnerzahl werden 10–20.000 Erkrankungen pro Jahr angenommen, die Meldepflicht wurde im Jahr 2000 abgeschafft.

Ein Problem sind oft unbemerkte Racheninfektionen mit Gonokokken. Das Team um Chow hat nun in einer Untersuchung herausgefunden, dass sich mit einer einfachen Mundspülung die Zahl der Keime im Mund- und Rachen senken lässt (Sex Transm Infect 2016; online 20. Dezember). Solche Mundspülungen könnten die Eradikation der Keime unterstützen und eine Übertragung erschweren.

Handelsübliche Mundspülung

Die Forscher verwendeten für ihre Versuche zwei handelsübliche Spülungen mit einem Alkoholgehalt von 22 Prozent (Listerine Cool Mint und Listerine Total Care). Diese verdünnten sie in mehreren Stufen und behandelten damit eine Gonokokken-Standardlösung aus 108 koloniebildenden Einheiten pro ml (CFU/ml). Zur Kontrolle verwendeten sie eine Phosphat-Puffer-Lösung (PBS).

Ließen sie die Spülung eine Minute lang auf die Bakterien einwirken, konnten noch Verdünnungen bis 1:4 die Bakterienzahl signifikant reduzieren und unter 102 CFU/ml halten, dagegen lag der Wert mit PBS über 105 CFU/ml. Als Nächstes prüften sie, ob die Lösung in der Praxis bei Männern mit nachgewiesener Racheninfektion etwas taugt. Sie konnten 196 Männer für das Vorhaben gewinnen. Alle waren beim Besuch des Melbourne Sexual Health Centre routinemäßig auf Gonokokken-DNA im Rachen untersucht und positiv getestet worden.

Die Männer wurden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die Hälfte durfte mit 20 ml der Mundspülungen für eine Minute gurgeln, die übrigen erhielten zu diesem Zweck eine isotonische Salzlösung. Vor und nach der Anwendung wurden Rachenabstriche an der Fossa tonsillaris und dem hinteren Oropharynx genommen. Von den Abstrichen legten die Ärzte um Chow Erregerkulturen an.

Dies gelang bei 58 der Männer aus den Abstrichen unmittelbar vor der Spülung, 33 befanden sich in der Gruppe mit der Mundspülung, die übrigen 25 in der Gruppe mit Kochsalzlösung. Nach der Mundspülung waren nur noch 17 der Männer mit der Spülung kulturpositiv (52 Prozent), aber 21 (84 Prozent) derer mit Kochsalzlösung. Entsprechend lag der Anteil der Männer, die nach dem Gurgeln kulturnegativ geworden waren, jeweils bei 48 Prozent und 16 Prozent.

Zur Prävention geeignet?

Daraus schließen die Ärzte um Chow, dass die Mundspülung die Gonokokkenpräsenz deutlich reduzieren kann. Eine tägliche Anwendung sei daher möglicherweise als Präventionsmaßnahme geeignet, um das Übertragungsrisiko zu senken. Dies müsse nun allerdings in weiteren Studien geprüft werden. So ist nach Auffassung der Sexualmediziner um Chow noch unklar, wie lange die Schutzwirkung der Spülung anhält. Auch war der antibakterielle Effekt an der Fossa tonsillaris deutlich ausgeprägter als im hinteren Oropharynx. Es sei daher nötig, intensiv zu gurgeln und nicht nur den Mund zu spülen, geben die Ärzte zu bedenken.

Das Team um Chow hat inzwischen eine Präventionsstudie gestartet, um zu schauen, ob sich die Reinfektions- und Übertragungsrate bei einer täglichen Anwendung über mehrere Monate hinweg tatsächlich senken lässt.

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