Psychische Erkrankungen

NRW will mehr Psychotherapie-Sitze ausweisen

In ländlichen und strukturschwachen Regionen will Nordrhein-Westfalen die psychotherapeutische Versorgung verbessern. Beim neuen Landespsychiatrieplan verfolgt das Land einen ganzheitlichen Ansatz.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Nordrhein-Westfalen gehört zu den ersten Bundesländern, die bei den Landesausschüssen die Ausweisung zusätzlicher Psychotherapie-Sitze in gesperrten ländlichen Planungsbereichen oder strukturschwachen Stadtteilen veranlasst haben: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

Nordrhein-Westfalen gehört zu den ersten Bundesländern, die bei den Landesausschüssen die Ausweisung zusätzlicher Psychotherapie-Sitze in gesperrten ländlichen Planungsbereichen oder strukturschwachen Stadtteilen veranlasst haben: NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).

© Carsten Koall/dpa

Düsseldorf. Um die langen Wartezeiten auf eine ambulante Psychotherapie zu verringern, ist das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium aktiv geworden. Es hat bei den Landesausschüssen die Ausweisung zusätzlicher Sitze in gesperrten ländlichen Planungsbereichen oder strukturschwachen Stadtteilen veranlasst. Das erläutert Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) in seinem Bericht „Wie steht es um die seelische Gesundheit in NRW?“, der an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des NRW-Landtags gegangen ist.

Paragraf 103 Absatz 2 des Sozialgesetzbuchs V ermöglicht dem Ministerium ein solches Vorgehen. „Nordrhein-Westfalen gehört zu den ersten Bundesländern, die dieses Instrument nutzen“, schreibt Laumann. Zudem stehe man im Austausch mit den Kosten- und Leistungsträgern, um nach Möglichkeiten zu suchen, den Zugang zu Psychotherapie zu beschleunigen.

Zwar wiesen fast alle Planungsbereiche in NRW einen Versorgungsgrad von über 110 Prozent auf und seien für weitere Niederlassungen gesperrt. „Demnach liegt eine rein rechnerisch gute Versorgungslage vor, die jedoch im Widerspruch zu längeren Wartezeiten steht.“

Ganzheitlicher Ansatz zur Stärkung der psychischen Gesundheit

Das Gesundheitsministerium will im kommenden Jahr den Landespsychiatrieplan fortschreiben. Dabei verfolgt es laut Laumann einen ganzheitlichen Ansatz zur Stärkung der psychischen Gesundheit. Er sei insbesondere in Hinblick auf den Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen erforderlich, heißt es im Bericht.

„Diese Fortschreibung umfasst sowohl eine Aktualisierung der Datenlage zur psychischen Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen sowie zur Versorgungslage von Menschen mit psychischen Erkrankungen als auch eine beteiligungsorientierte Weiterentwicklung der zentralen Inhalte“, skizziert Laumann das Vorhaben.

Bei der Aktualisierung der Handlungsfelder und Umsetzungsmaßnahmen soll demnach ein besonderer Fokus auf der Versorgung bestimmter Störungsbilder, auf vulnerablen Gruppen sowie auf der sektorenübergreifenden Versorgung liegen. „Verstärkt in den Blick genommen werden sollen auch aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes die Themenfelder Gesundheitsförderung, Prävention und Rehabilitation“, berichtet Laumann.

Fokus betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung

Angesichts der Bedeutung psychischer Erkrankungen als Ursache für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentungen liegt nach seinen Angaben ein Schwerpunkt des Landes bei der fachlichen Unterstützung zur Umsetzung der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung, vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Klein- und Kleinstbetrieben.

Die Landesregierung betrachte die Zunahme von Behandlungsfällen aufgrund psychischer Störungen mit Sorge, heißt es in dem Bericht. Nach Daten der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe sind bei psychischen Erkrankungen in NRW „Umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache“ mit einem Anteil von 8 Prozent die häufigste ambulante Diagnose bei Kindern und Jugendlichen. Bei 25- bis 29-Jährigen (12 Prozent) und über 60-Jährigen (15 Prozent) sind es Depressionen.

Mehr Zwangseinweisungen

Die Zahl der Krankenhausfälle aufgrund von psychischen Erkrankungen ist im bevölkerungsreichsten Bundesland im Zeitraum 2011 bis 2021 um 15 Prozent gesunken. Dabei müsse aber die besondere Situation während der Corona-Pandemie berücksichtigt werden, heißt es.

In den vergangenen Jahren ist es im Gegensatz zum allgemeinen Rückgang zu einer Zunahme der stationären Einweisungen nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten gekommen. 2017 wurden 22.367 Unterbringungen registriert, 2021 waren es 26.405.

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