Neurostimulator

Neuer Hirnschrittmacher soll Zwangsstörungen lindern

Die Technik für die Tiefe Hirnstimulation wird ständig weiterentwickelt: Ein neues System sendet jetzt nicht nur, sondern liest auch Signale.

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Die am Uniklinikum Regensburg mit einem neuartigen Neuro-Stimulator behandelte Patientin kommuniziert dem Hirnschrittmacher ihren aktuellen psychischen Zustand.

Die am Uniklinikum Regensburg mit einem neuartigen Neuro-Stimulator behandelte Patientin kommuniziert dem Hirnschrittmacher ihren aktuellen psychischen Zustand.

© 2020 UKR Klaus Voelcker

Regensburg. Ein neuartiger Neurostimulator, der nicht nur Signale aussendet, sondern auch Signale des Gehirns lesen und entsprechend darauf reagieren kann, kommt jetzt bei einer am Uniklinikum Regensburg (UKR) behandelten Patientin mit Zwangsstörungen zum Einsatz. Bei dem System handelt es sich um den Percept™ PC Neurostimulator von Medtronic. Das Unternehmen hat im Januar 2020 für dieses System für die Tiefe Hirnstimulation (THS) mit „BrainSense-Technologie“ die CE-Kennzeichnung erhalten.

Die 36-jährige Patientin leide seit fast 20 Jahren an der Zwangsstörung, berichtet das UKR. Sie müsse zwanghaft alles hinterfragen, besonders sich selbst, und spüre Unsicherheit, Angst und einen immensen inneren Druck. Seit einigen Jahren könne sie auch ihren Beruf in der Sozialarbeit nicht mehr ausführen, so sehr beeinflusse sie die Erkrankung.

Gehirnaktivität wird aufgezeichnet

Hirnschrittmacher werden seit etwa zehn Jahren für die Therapie bei Zwangserkrankungen eingesetzt. Die konventionellen Modelle geben dabei aber nur Signale an das Gehirn ab, erinnert das UKR in seiner Mitteilung. Die neue Variante misst auch aktiv die Gehirnaktivität, zeichnet diese auf und kann bei bestimmten Signalen gezielt Impulse abgeben.

„Momentan befinden wir uns in der Lernphase“, wird Professor Berthold Langguth zitiert. Langguth ist Chefarzt im Zentrum für Allgemeinpsychiatrie II der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg am medbo Bezirksklinikum.

Die Patientin trage ein Gerät bei sich, das mit ihrem Smartphone verbunden ist. „Innerhalb einer App kann sie so ganz einfach täglich oder auch mehrmals am Tag ihren aktuellen psychischen Zustand eingeben. Der Schrittmacher zeichnet dann die entsprechende Gehirnaktivität auf“, erklärt Langguth.

System wird jetzt justiert

Die Daten werden dann nach etwa sechs Wochen ausgewertet und der Hirnschrittmacher individuell auf die Gehirnaktivität der Patientin eingestellt. „Diese Justierung ist äußerst komplex. Schon eine minimale Abweichung der Stimulation durch den Schrittmacher kann zu unerwünschten Nebeneffekten wie beispielsweise einer Verstärkung des Angstgefühls führen“, so Langguth in der UKR-Mitteilung. Es könne deshalb bis zu einem Jahr dauern, bis alle Elektroden des Schrittmachers richtig eingestellt seien und die individuell für die Patientin besten Signalkonstellationen gefunden seien.

Sollte sich herausstellen, dass der Schrittmacher nicht den gewünschten Erfolg bringt, könne das System jederzeit deaktiviert werden und auch die operative Entfernung des Gerätes sei möglich. (mal)

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