Mehnert-Kolumne

Nicht gebrauchtes Insulin ab in die Entwicklungsländer!

70 Prozent des weltweit hergestellten Insulins werden von nur 30 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht. Damit mehr zuckerkranke Menschen Zugang zum lebensrettenden Medikament erhalten, dafür kämpft "Insulin for life".

Von Prof. Hellmut Mehnert Veröffentlicht:

Prof. Hellmut Mehnert

Arbeitsschwerpunkte: Diabetologie, Ernährungs- und Stoffwechselleiden: Diesen Themen widmet sich Prof. Hellmut Mehnert seit über 50 Jahren.

Erfahrungen: 1967 hat er die weltweit größte Diabetes-Früherfassungsaktion gemacht sowie das erste und größte Schulungszentrum für Diabetiker in Deutschland gegründet.

Ehrung: Er ist Träger der Paracelsus-Medaille, der höchsten Auszeichnung der Deutschen Ärzteschaft.

Im Jahr 1986 startete der australische Typ-1-Diabetiker Ron Raab die unabhängige Non-Profit-Organisation "Insulin for life". Diese hat sich zum Ziel gesetzt, ein globales Netzwerk mit Sammelzentren für Insulinpräparate in möglichst vielen Industrieländern einzurichten.

Warum? Immer noch sterben Menschen in Entwicklungsländern wegen Insulin-Mangels, zumal die Kosten für diese Therapie unverhältnismäßig hoch sind.

So werden 70 Prozent des weltweit hergestellten Insulins von 30 Prozent der Weltbevölkerung verbraucht. Das heißt: Große Teile der Weltbevölkerung haben immer noch keinen Zugang zu dem lebensrettenden Medikament.

Besonders in Entwicklungsländern bleibt Insulin für viele Diabetiker unerschwinglich. Die Kosten des Medikaments für einen Patienten können dort in den ärmeren Schichten oft mehr als die Hälfte des Einkommens ausmachen!

Nicht selten müssen dort Eltern ein zuckerkrankes Kind sterben lassen, um die anderen Familienmitglieder mehr schlecht als recht durchbringen zu können.

Spenden erreichen die Bedürftigen

In Deutschland gibt es "Insulin zum Leben" seit 2003. Die Typ-1-Diabetikerin Heidrun Schmidt-Schmiedebach sammelt dabei Insulin vor dem Verfall, Blutzucker-Messgeräte, Teststreifen, Pens und Stechhilfen etwa bei Angehörigen gestorbener Patienten, Apotheken und Pharmafirmen.

Penibel wird dafür gesorgt, dass über zuverlässige Kontrollpersonen die Spenden die Bedürftigen erreichen und auf keinen Fall auf dem Schwarzmarkt landen.

Zehn internationale Zentren schicken Insulin und Hilfsmittel regelmäßig nach Bolivien, Ecuador, Peru, Gambia, Kongo, Ruanda, Tansania, Zimbabwe, Uganda, Usbekistan, Indien, Kambodscha und Vietnam sowie gelegentlich an weitere Entwicklungsländer.

"Insulin for life" hilft zudem global bei Katastrophen, wie zum Beispiel dem Tsunami 2004 in Südostasien, dem Erdbeben in Peru 2007 und beim Wirbelsturm auf den Philippinen 2013. In Ruanda fand darüber hinaus 2013 das erste Schulungscamp für Diabetiker statt.

Heidrun Schmidt-Schmiedebach und die Präsidentin des Bundes diabetischer Kinder und Jugendlicher, Jutta Bürger-Büsing, konnten sich dort von der Motivation der Patienten und der Qualität des Unterrichts als "beste Investition im Leben eines Diabetikers" überzeugen.

Jährlich etwa 200 Hilfspakete

Im Jahre 2014 hat "Insulin zum Leben" von Deutschland aus Insulin und Zubehör im Werte von mehr als 460.000 Euro verschickt!

Die Projektleiterin und weitere vier Frauen bearbeiten die empfangenen Päckchen und Pakete im Insulinlager. Sie packen die Spenden aus, sortieren die Präparate und Hilfsmittel und versenden jährlich etwa 200 Hilfspakete in die Entwicklungsländer.

"Insulin zum Leben" hilft dabei mit Präparaten und Hilfsmitteln, die sonst auf dem Müll landen würden. Deswegen sollte es die Organisation in jedem Land geben. Gesammelt wird haltbares Insulin, das zum Beispiel verfügbar wird, weil ein Patient auf ein anderes Insulin umgestellt wurde.

In anderen Fällen wird kein Insulin mehr gebraucht oder ein Patient ist gestorben. Zudem werden Teststreifen zu allen Geräten gesammelt sowie neuwertige Hilfsmittel von Patienten, die zum Beispiel für sich besser geeignete Hilfsmittel gefunden haben.

Helfen auch Sie mit, diese Organisation zu unterstützen! Sprechen Sie insulinspritzende Diabetiker an, die manchmal Insulinpräparate gehortet haben.

Werden Sie in Ihrer Apotheke vorstellig, um diese an der Aktion zu beteiligen. Auch wenn Sie Kontakt zu Insulin-Herstellern haben, könnte ein Gespräch nützlich sein.

Weitere Informationen unter www.insulin-zum-leben.de, oder bei "Insulin zum Leben", c/o Biokanal Pharma GmbH, Kehler Str. 7, 76437 Rastatt

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel

Datenschutz ist zugleich auch Praxisschutz

Netzwerk-Metaanalyse von 139 Studien

Gonarthrose: Viele Optionen, doch nur wenige funktionieren

Chronisches Kreuzweh

Studie: Rauchen lässt den Rücken schmerzen

Lesetipps
Schwindel kann viele unterschiedliche Ursachen haben. Mit den richtigen Fragen kommt man aber zur richtigen Diagnose.

© Andrey Popov / stock.adobe.com

BAM-Kongress 2025

Schwindel in der Hausarztpraxis: Fünf Fragen zur Ursachenfindung

Prophylaktische Maßnahmen sind der beste Weg, um Infektionen bei Krebspatientinnen und -patienten zu verhindern. Während und nach ihrer Chemotherapie sind sie dafür besonders anfällig. (Symbolbild)

© RFBSIP / stock.adobe.com

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung