Nur fünf Meter: Gehtest verrät viel über postoperatives Risiko bei Alten

Nur fünf Meter auf dem Korridor - ein simpler Gehtest bietet eine gute Möglichkeit, das Risiko für postoperative Komplikationen abzuschätzen. Das gilt für alte Patienten, die vor einer geplanten Herzoperation stehen.

Veröffentlicht:
Gehen auf dem Flur - Screening-Test vor Op bei alten Menschen?

Gehen auf dem Flur - Screening-Test vor Op bei alten Menschen?

© bilderbox / fotolia.com

MONTREAL (ob). Alte Patienten, die für eine Gehstrecke von fünf Metern sechs Sekunden und länger benötigten, haben nach einer Herzoperation ein dreifach höheres Risiko für klinische Komplikationen als Patienten, die es in kürzerer Zeit schaffen. Zu diesem Ergebnis kommt ein kanadisches Forscherteam von der McGill Universität um Dr. Jonathan Afilalo in einer Studie bei herzchirurgischen Patienten im Alter über 70 Jahren (J Am Coll Cardiol 2010; 56: 1677).

Der Test hilft offenbar, körperlich gebrechliche Patienten besser zu identifizieren, bei denen möglicherweise zusätzliche spezielle Maßnahmen zur Vorbeugung postoperativer Komplikationen von Nutzen sind.

In die Studie sind 131 Patienten im Durchschnittsalter von knapp 76 Jahren aufgenommen worden, bei denen ein kardiochirurgischer Eingriff (Herzklappenersatz oder aortokoronarer Bypass) vorgesehen war. Bei allen wurde im 5-Meter-Test die Gehgeschwindigkeit ermittelt. Präoperativ wurden nach dem Testergebnis 46 Prozent als "langsame Geher" eingestuft. Sie brauchten für die kurze Strecke länger als sechs Sekunden.

Insgesamt kam es postoperativ in der Zeit des Klinikaufenthalts bei 23 Prozent der Patienten zu Komplikationen (Tod, Schlaganfall, Nierenversagen, sternale Wundinfektionen, längere mechanische Beatmung, Reoperation). Das Ergebnis des Gehtests erwies sich dabei als prädiktiv für das Risiko: In der Gruppe der "langsamen Geher" war die Komplikationsrate mit 35 Prozent dreimal höher als in der Gruppe der "normalen Geher".

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) befasst sich einer eigenen Pressemitteilung mit den Studienergebnisse. Sie würdigt einerseits die "neuen Erkenntnisse" zur Beurteilung des körperlichen Zustands älterer Patienten als Risikomarker vor Herzoperationen.

Andererseits warnt die Fachgesellschaft aber auch davor, den Test in seiner prädiktiven Bedeutung zu überschätzen und sein Ergebnis als einzigen Parameter bei der Risikostratifizierung zu berücksichtigen. Herzchirurg Professor Volkmar Falk aus Zürich gibt zu bedenken, dass die Gehgeschwindigkeit als Parameter "nicht immer zuverlässig genug ist, um Entscheidungen über chirurgische Eingriffe zu treffen".

Die ESC erinnert daran, dass die Europäische Vereinigung der Herz-Thoraxchirurgen (EACTS) ein erweitertes und umfassenderes Scoring-System zur Abschätzung des postoperativen Risikos empfiehlt, das mehr Aspekte der körperlichen Gebrechlichkeit (frailty) als nur die Gehgeschwindigkeit berücksichtigt.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Public Health Index 2025

Deutschland weist große Lücken im Gesundheitsschutz auf

Kooperation | In Kooperation mit: AOK Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

© DG FotoStock / shutterstock

Update

Neue Podcast-Folgen

Grippeschutz in der Praxis – Jetzt reinhören!

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Junge Frau spricht mit einer Freundin im Bus

© skynesher | E+ | Geytty Images

Update

Impflücken bei Chronikern

Chronisch krank? Grippeimpfung kann Leben retten

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
SCD-PROTECT-Studie-- Frühe Phase nach Diagnose einer Herzinsuffizienz – deutlich höheres Risiko für den plötzlichen Herztod als in der chronischen Phase.

© Zoll CMS

SCD-Schutz in früher HF-Phase

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

© Springer Medizin Verlag

Kardiologie und Hausärzteschaft im Dialog

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Puren Pharma GmbH & Co. KG, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Krebs in Deutschland

Bei zwei Krebsarten nahm die Sterblichkeit am stärksten ab

Geldanlage

Vermögen auf Rezept: Wie sich eine langfristige Finanzplanung auszahlt

Lesetipps
Die Luftbelastung in Innenräumen mit Reinigungsprodukten betrifft jede Person. Sie beeinflusst unsere Lungenfunktion, und das lebenslang. Diese Gefahr wird unterschätzt. So die Meinung einer Pneumologin aus Italien.

© natali_mis / stock.adobe.com

Verschmutzte Luft

Was Reinigungsmittel in der Lunge anrichten können